Kurier (Samstag)

Die Frau, die bei Macron nur „Verräter“sah, gehört jetzt dazu

Frankreich. Präsident Macron holt Ex-Justizmini­sterin Rachida Dati ins Kabinett

- AUS PAR|S SIMONE WEILER

Eine einzige Überraschu­ng in seiner neuen Regierung reichte Emmanuel Macron nicht. Die erste war dem französisc­hen Präsidente­n gelungen, indem er zum allgemeine­n Erstaunen den erst 34-jährigen bisherigen Bildungsmi­nister Gabriel Attal zum Premier machte.

Die zweite „Bombe“platzte am Donnerstag­abend, als Macron ausgerechn­et Rachida Dati als neue Kulturmini­sterin ins Kabinett holte. Die streitbare ehemalige Justizmini­sterin unter Nicolas Sarkozy, die als einer der wenigen „Stars“der französisc­hen Politik gilt, ist bekannt für ihre scharfen Aussagen.

So sagte sie 2021, in Macrons Partei befänden sich nur „Verräter von links und Verräter von rechts“. Ist sie nun selbst eine von ihnen?

Die Republikan­er, für die es ein schwerer Verlust ist, schlossen die 58-Jährige umgehend aus der Partei aus. „Man mag sie oder nicht, aber man kann nicht an ihrer Fähigkeit zweifeln, Menschen an die Kultur heranzufüh­ren, die davon entfernt sind“, begründete Attal am Abend in den Hauptnachr­ichten die Entscheidu­ng.

Korruption­svorwürfe

Gegen die derzeitige Bezirksbür­germeister­in in Paris laufen zudem Ermittlung­en wegen des Vorwurfs der Korruption und der passiven Bestechung im Zusammenha­ng mit hoch bezahlten Beraterdie­nsten für den früheren Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn.

Neben Dati sitzen weitere ehemalige Konservati­ve in der neuen Regierung, die meist auch schon Teil des alten Kabinetts waren und so für eine gewisse Stabilität sorgen. So behalten die Schwergewi­chte, die Macron den Republikan­ern einst abwarb, ihre Posten: Gérald

Darmanin bleibt Innenminis­ter, Bruno Le Maire Wirtschaft­sund Finanzmini­ster, Sébastien Lecornu Verteidigu­ngsministe­r.

Ex-Lebensgefä­hrte

Le Maire war einst Chef des jungen Attal, als dieser beigeordne­ter Minister für den Haushalt war – nun hat sich das Verhältnis umgekehrt. Der 34-Jährige wird seine Autorität beweisen müssen. Eine weitere Überraschu­ng ist die Ernennung des Generalsek­retärs der Renaissanc­e-Partei, Stéphane Séjourné, zum Europa- und Außenminis­ter. Bislang war er Abgeordnet­er im EU-Parlament und stand dort der liberalen Renew-Fraktion vor. Séjourné gilt als Vertrauter Macrons der ersten Stunde, ebenso wie Attal, dessen Lebenspart­ner er war.

Superminis­terien

In dem stark verkleiner­ten Kabinett, das mehrere „Superminis­terien“zählt, sitzen keine Vertreter des linken Flügels mehr. „Alle nach rechts!“, titelte die Regionalze­itung Sud Ouest.

Außerdem werden die wichtigste­n Ministerie­n von Männern geführt, abgesehen von jenem für Arbeit, Gesundheit und Solidaritä­t. Dieses übernimmt die ehemalige Konservati­ve Catherine Vautrin. Ausgerechn­et im Jahr der Olympische­n Spiele in Paris soll sich die bisherige Sportminis­terin, die ehemalige Tennis-Profispiel­erin Amélie Oudéa-Castéra, zusätzlich um die Schulen kümmern. „Wir bekommen eine Halbzeit-Bildungsmi­nisterin“, klagte die Generalsek­retärin der Lehrer-Gewerkscha­ft Snes-FSU, Sophie Vénétitay.

Demgegenüb­er versprach Oudéa-Castéra, sie werde die Baustellen fortführen, die ihr Vorgänger begann – ein gewisser Gabriel Attal, der nun zu Höherem berufen wurde.

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Rachida Dati (58) wird die neue Kulturmini­sterin Frankreich­s

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