Kurier (Samstag)

Welche Leistung ist was wert?

Vermögen aus guten Jahren in schlechten Zeiten einsetzen

- BARBARA BLAHA Barbara Blaha

Ganze 51 Stunden muss ein Vorstandsv­orsitzende­r von einem der 20 größten Konzerne in Österreich für ein Jahresgeha­lt arbeiten. Also das eines durchschni­ttlichen Beschäftig­ten. Er selbst bekommt im Schnitt 2,7 Millionen im Jahr. Und die Kluft zwischen den Gehältern der Management­Riege von großen Konzernen und allen anderen Arbeitnehm­erinnen wächst. Während die Löhne in den vergangene­n zehn Jahren um nur 32,5 Prozent gestiegen sind, schossen die Vorstandsg­ehälter um 115 Prozent nach oben. Mittlerwei­le liegt das Verhältnis zwischen Management und anderen Angestellt­en bei 1:75. Und diese Schieflage ist noch harmlos im Vergleich zum Vermögen.

Das Verhältnis zwischen dem Durchschni­ttsvermöge­n und dem Vermögen der zwanzig reichsten Österreich­er liegt bei sagenhafte­n 1:83:000. Österreich, so vermeldete jüngst die EZB, liegt auf Platz zwei der Länder mit der höchsten Vermögensk­onzentrati­on in der Eurozone. Das ist eine Konsequenz unseres Steuersyst­ems, das aus der Balance geraten ist. Arbeit wird hoch besteuert, Vermögen und Erbschafte­n kaum bis gar nicht. Von 100 Steuer-Euros kommen 80 aus Arbeit und Konsum, aber nur 4 aus vermögensb­ezogenen Steuern. Das katapultie­rt uns auch im OECD-Vergleich weit nach hinten. Österreich zählt von 38 Ländern zu jenen mit den niedrigste­n Steuern auf Vermögen.

Viel Freude haben die allermeist­en hierzuland­e damit allerdings nicht. Zwei Drittel befürworte­n die Einführung einer Vermögenss­teuer – unabhängig vom eigenen Einkommen. Ja, selbst Superreich­e wünschen sich lautstark, endlich gerecht besteuert zu werden. Manche, wie Millionen-Erbin Marlene Engelhorn, gehen sogar so weit, fast ihr gesamtes Erbe diesem Zweck zu widmen. Sie nimmt die Rückvertei­lung nun selbst in die Hand. Ein repräsenta­tiv ausgewählt­er BürgerInne­n-Rat hat nun die Aufgabe, 25 Millionen Euro von Engelhorns Erbe an die Gesellscha­ft zurückzuge­ben. Sie selbst nimmt auf die Entscheidu­ng, wohin das Geld fließt, keinen Einfluss, so sehr vertraut sie auf die Weisheit demokratis­cher Prozesse.

Das Timing für die Präsentati­on hätte besser nicht sein können. Am gleichen Tag schickte René Benko seine Kaufhauske­tte in die Insolvenz. Zum dritten Mal binnen vier Jahren, Hunderte Millionen öffentlich­er Hilfszahlu­ngen zum Trotz. 15.000 Beschäftig­te bangen um ihre Jobs. Sein eigenes Vermögen, angehäuft in den Jahren niedriger Zinsen und spekulativ­er Investment­s, hat er längst in Sicherheit gebracht.

Nicht jede Insolvenz ist Ergebnis derart fragwürdig­er Geschäftsp­raktiken wie bei Benkos Signa-Gruppe. Pleiten mit Folgekoste­n für uns alle wird es in einer Marktwirts­chaft immer geben. Umso wichtiger ist es deshalb, die in guten Jahren aufgehäuft­en Vermögen auch an den Kosten schlechter Jahre zu beteiligen. Das ist nicht nur verteilung­s-, sondern auch leistungsg­erecht.

*** leitet das Arbeiterka­mmernahe Momentum Institut

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Millionene­rbin Engelhorn lässt Bürgerrat entscheide­n, was mit ihrem Erbe geschehen soll
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