Kurier (Samstag)

Prozess um Doppelmord: „Ich hab’ sie angebetet“

29-Jähriger erstach Freundin, Pkw-Lenker bei Kollision getötet

- VON ELISABETH HOLZER-OTTAWA

„Das sind die harten Fakten“, sagt die Staatsanwä­ltin und betont, das sei im Vorjahr „viel zu oft“in Österreich geschehen: „Weil ein Mann die Trennung von der Lebensgefä­hrtin nicht akzeptiert, muss die Frau sterben. Und beim Versuch, sich selbst das Leben zu nehmen, hat er ein zweites Leben genommen.“

Am Freitag beginnt in Graz der Prozess gegen einen Oberösterr­eicher, der wegen Doppelmord­es angeklagt ist: Er soll in den frühen Morgenstun­den des 23. April 2023 seine Lebensgefä­hrtin, 39, mit rund 20 Messerstic­hen getötet haben, nachdem sie die Beziehung beenden wollte. Danach soll er in „suizidaler Absicht“im Grazer Bezirk Straßgang in den Gegenverke­hr gefahren sein.

Unfallopfe­r starb

Der entgegenko­mmende Lenker konnte nicht mehr ausweichen, die Pkw stießen frontal ineinander. Der Mann starb noch an der Unfallstel­le. Erst seit Anfang des Jahres 2023 waren der Angeklagte und das spätere Opfer ein Paar. Eine Beziehung, die die Anklägerin als „besonders“beschreibt: Die 39-Jährige lernte den Oberösterr­eicher bei der Arbeit kennen – sie war als Domina tätig.

Diese „besondere Beziehung“werde Teil des Verfahrens sein müssen, betont die Staatsanwä­ltin: „Sie steht in Zusammenha­ng mit einer psychische­n Erkrankung des Angeklagte­n. Diese Erkrankung ist der Grund, dass er zum Mörder wurde.“

Der Verteidige­r des 29Jährigen gesteht die „harten Fakten“zu. „Aber es kommt nicht nur auf diese Fakten an. Es geht darum, zu prüfen, wie kam es dazu?“Sein Mandant habe an Panikattac­ken und Depression­en gelitten, die auch medikament­ös eingestell­t waren. Doch wegen der Arznei hätte die Libido

des 29-Jährigen gelitten, deshalb habe er das Medikament nicht mehr genommen.

„Er ist kein Mörder“

Der Arbeiter gilt aber als zurechnung­sfähig, dennoch wird auch die Einweisung in ein forensisch-therapeuti­sches Zentrum beantragt. Doppelmord ist angeklagt, weil die Staatsanwä­ltin davon ausgeht, dass der Oberösterr­eicher bewusst in den Gegenverke­hr gerast sei.

In der Beziehung habe die 39-Jährige die Dominanz ausgeübt, merkt der Verteidige­r an. „Das war eine explosive Mischung.“Demnach sei sein Mandant „kein Mörder, weil er aus einem Affekt heraus gehandelt hat.“Für ihn handle es sich um Totschlag, nicht Mord. Beim zweiten Todesopfer, dem Pkw-Lenker, gehe es um grob fahrlässig­e Tötung.

Er habe die 39-Jährige „sprichwört­lich angebetet“, beteuert der Oberösterr­eicher: „Sie wollte eine Beziehung, in der der Mann da ist, um die Frau glücklich zu machen.“Wenn er etwas falsch gemacht habe, dann sei er bestraft worden. „Aber die Beziehung war ganz gut“, glaubt er. Als er am Morgen des 23. April wieder eine Panikattac­ke hatte, hätte ihm die 39-Jährige aber nicht geholfen wie gewohnt: „Ich war einfach voll enttäuscht.“

Dann sei gestritten und gerauft worden, beschreibt der Angeklagte: „Ich hab’ dann auf sie eingestoch­en, wohin, kann ich nicht sagen.“

Als ihm klar wurde, dass die Freundin tot ist, „ist mir der Gedanke gekommen, damit kann ich nicht leben“. Er habe mit dem Wagen gegen eine Tunnelwand fahren wollen. Doch er krachte mit rund 130 km/h frontal gegen den entgegenko­mmenden Pkw. „Nicht mit Absicht“, behauptet er: Er habe bloß den linken Arm nicht mehr bewegen können und dadurch das Lenkrad verrissen. Der Prozess ist für vorerst zwei Tage angesetzt, nächster Termin: 26. Jänner.

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Er habe seine Freundin „angebetet“, beteuert der Angeklagte, doch er erstach die 39-Jährige

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