Das Gipfeltreffen der Weltelite
Das Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos will heuer nicht weniger als „Vertrauen wiederherstellen“– ein großes Versprechen angesichts der vielen Krisen
An diesem Wochenende verwandelt sich Davos in die alljährliche Festung. Hubschrauber kreisen, alle paar Hundert Meter stehen Soldaten. Ab Montag ist Weltwirtschaftsforum (WEF) und die Welt ist zu Gast.
Nur einmal fand Davos, so etwas wie die Mutter aller Netzwerkveranstaltungen, nicht in dem Graubündner Nobelskiort statt. Das war 2002 in New York, zum Gedenken
an die Opfer der Terroranschläge von 9/11.
Die Sicherheit wird angesichts von rund 2.800 very important Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien großgeschrieben. „Ja, ja, je größer die Gauner, desto wichtiger der Schutz“, schreibt ein Poster zum Bericht, wonach bis zu 5.000 Soldaten zu Lande und in der Luft das WEF absichern werden.
Demonstrierten vor 20 Jahren die linken Globalisierungsgegner gegen eine neoliberale Managerelite, die in Hinterzimmern Deals besiegelt und die Ausbeutung der Welt vorantreibt, so kommt die Kritik heute von rechts. Davos sei Speerspitze einer „Woke“-Wirtschaft, die sich für Umwelt, Mitarbeitende und die Gesellschaft als Ganzes starkmacht.
„Wenn wir von beiden extremen Polen kritisiert werden, ist das vielleicht ein gutes Zeichen“, sagt WEF-Präsident Børge Brende, der frühere Außenminister Norwegens. Er leitet das WEF in einer Doppelspitze mit dem deutschen Wirtschaftsprofessor Klaus Schwab (85), der das Forum 1971 aus der Taufe hob.
Krisenpolitik im Fokus
Auch heuer mangelt es nicht an Wirtschaftsthemen: Rezession und Inflation, Handelskonflikte und De-Globalisierung, Nachhaltigkeit, Energiewende und Künstliche Intelligenz. Von Microsofts Bill Gates bis OpenAI-Chef Sam Altman (ChatGPT) ist die alte wie die neue Garde der globalen Wirtschaftskapitäne vertreten. Doch die politischen Krisen und Kriege von der Ukraine bis Gaza überschatten derzeit alles (siehe Geschichte unten).
Das WEF-Motto „Vertrauen wiederherstellen“scheint da hoch gegriffen, findet auch Top-Ökonom Gabriel Felbermayr: „Es hat einen Wert an sich, wenn sich Wirtschaft und Politik vernetzen und ein paar Tage in Klausur gehen. Aber die großen Sponsoren von Davos
sind die größten Konzerne der Welt. Da ist dann auch viel Marketing-Sprech und Greenwashing dabei. Die großen Konflikte der Welt sind in Davos nicht lösbar.“
Dennoch will man zusammenkommen, um „Lösungen zu finden“, sagt Brende. Zumindest als Signal gelang das schon in Davos. So beendete der legendäre Handschlag zwischen Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk in Davos 1992 symbolisch die Apartheid-Politik in Südafrika.