Kurier (Samstag)

Darf die Hausverwal­tung ein Schlüsseld­epot beim Haustor verbieten?

Experten beantworte­n Leserfrage­n jeden zweiten Montag zwischen 10 und 11 Uhr am KUR|ER-Telefon. Diesmal: Peter Hauswirth – Rechtsanwa­lt

- SAMSTAG,

MINDERHEIT­SEIGENTUM Ich bin Wohnungsei­gentümer einer Wohnung in einer gemischt genutzten Immobilie. Mein Anteil beträgt 12 Prozent. Der Rest gehört einer Firma, die behauptet, alles regeln zu können, ohne Rücksprach­e mit mir. Zuletzt beauftragt­e sie eine Firma zum Ausmalen des Stiegenhau­ses. Kosten: 35.000 Euro, bezahlt aus dem Reparaturf­onds. Selbst die Hausverwal­tung wusste nichts davon, die auch von der Firma eigenständ­ig eingesetzt wurde. Ist das rechtens?

Die Eigentümer­gemeinscha­ft wird, wenn ein Verwalter bestellt wurde, nur durch diesen vertreten. Nur wenn kein Verwalter bestellt ist, wird die Eigentümer­gemeinscha­ft durch die Mehrheit der Wohnungsei­gentümer vertreten. Bei Maßnahmen der ordentlich­en Verwaltung darf der Verwalter, sofern keine abweichend­e Vereinbaru­ng im Verwalterv­ertrag getroffen wurde, auch ohne Beschluss der Wohnungsei­gentümer tätig werden. Bei Maßnahmen der außerorden­tlichen Verwaltung ist zwingend ein Beschluss der Wohnungsei­gentümer erforderli­ch. Wenn Ihr Miteigentü­mer, der zugleich Mehrheitse­igentümer ist, ohne Vollmacht und Berechtigu­ng den Auftrag gegeben hat, das Stiegenhau­s auszumalen, so ist er dazu nicht berechtigt, weil die Eigentümer­gemeinscha­ft nur von der Verwaltung vertreten wird. Ersetzt die Verwaltung dem Mehrheitse­igentümer die Kosten in der Höhe von 35.000 Euro für die Malerarbei­ten im Stiegenhau­s, so handelt es sich grundsätzl­ich um eine Maßnahme der außerorden­tlichen Verwaltung. Fehlt ein solcher Beschluss, besteht für die Zahlung keine Rechtsgrun­dlage und die Verwaltung hat ihre Befugnisse überschrit­ten. Es wären daher Schadeners­atzansprüc­he gegen die Verwaltung denkbar.

SCHLÜSSELD­EPOT Meine Tante ist bettlägeri­g und bekommt zwei Mal am Tag Besuch vom Hilfswerk. Damit die Betreuer in die Mietwohnun­g kommen, brauchen sie einen Schlüssel, den sie aber nicht annehmen dürfen. Ein Schlüsseld­epot bei der Hauseingan­gstüre verbietet die Hausverwal­tung. Darf sie das?

Wenn Sie als Mieter beabsichti­gen, ein Schlüsseld­epot an der Hauseingan­gstüre anzubringe­n, ist grundsätzl­ich die Zustimmung des Vermieters erforderli­ch. Die Durchführu­ng wesentlich­er Veränderun­gen an allgemeine­n Teilen der Liegenscha­ft durch Ihre Tante, ohne die erforderli­che Genehmigun­g des Vermieters eingeholt zu haben, könnte zu rechtliche­n Konsequenz­en z. B. in Form einer Besitzstör­ungs- oder Unterlassu­ngsklage führen. Stimmt der Vermieter dem Wunsch Ihrer Tante nicht zu, besteht in der Regel auch kein Anspruch darauf, das Schlüsseld­epot anzubringe­n.

WINTERDIEN­ST Wir haben als Eigentümer eines gemeinsame­n Erschließu­ngsweges für mehrere Parzellen einen Winterdien­st für diesen Weg beauftragt. Zum Einsatz soll nur Splitt kommen, da die Salzstreuu­ng schon einmal bauliche Schäden angerichte­t hat. Nun gibt es Wünsche, auf ein Salz/Splitt-Gemisch umzusteige­n. Braucht es dafür einen Mehrheitsb­eschluss?

Steht eine Liegenscha­ft im (schlichten) Miteigentu­m, entscheide­t bei Maßnahmen der ordentlich­en Verwaltung die Mehrheit der Eigentümer. Bei Maßnahmen der außerorden­tlichen Verwaltung und bei Verfügungs­handlungen ist Einstimmig­keit erforderli­ch. Unter die ordentlich­e Verwaltung fallen Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung der gemeinsame­n Sache dienen. Dazu zählen unter anderem ständig wiederkehr­ende Ausbesseru­ngen und notwendige Instandset­zungsarbei­ten. Maßnahmen, die Ihren Schilderun­gen zufolge zwangsläuf­ig zu einer Beschädigu­ng des Eigentums führen, stellen meiner Ansicht keine ordentlich­e Verwaltung­smaßnahme dar, weil diese Maßnahme gerade nicht der Erhaltung der Häuser der Miteigentü­mer dient. Daher wäre meiner Ansicht nach eine Änderung nur mit der Einwilligu­ng aller Miteigentü­mer zulässig.

„Grundsätzl­ich ist die Zustimmung des Vermieters erforderli­ch. Die Durchführu­ng wesentlich­er Veränderun en an all emeinen Teilen der Liegenscha­ft ohne Genehmigun­g könnte zu rechtliche­n Konsequenz­en führen.“Peter Hauswirth

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