Kurier (Samstag)

SEX: EINE FRAGE DER ZEIT

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FEpisch wie ein Spielfilm – oder aber flüchtige Augenblick­e: Wie lang soll der sexuelle Akt dauern? Die Meinungen dazu könnten kaum unterschie­dlicher sein – nur eines scheint klar: Marathons sind eher unerwünsch­t, während das Nachglühen durchaus länger sein darf. ünf? Vier? Drei? Zwei? Oder gar 100 Minuten? Was die optimale Sexdauer angeht, sind sich diverse Experten fürs Horizontal­e recht uneinig. Und die Gemengelag­e der Studien dazu scheint verwirrend­er denn je.

Die einen sagen, der Koitus sollte idealerwei­se so lange dauern, wie man einen Teebeutel in heißem Wasser ziehen lässt. Irgendwo zwischen drei und sieben Minuten also, je nach Teesorte und anderen eindringli­chen Vorlieben. Eine Umfrage auf X (vormals Twitter) zeigte, dass sich vor allem Frauen eine Penetratio­nsdauer (Kandidat für das Unwort des Jahres, allenfalls?) von fünf bis zehn Minuten wünschen würden, mehr echt nicht. Alles darüberlie­gende könnte im Worst Case zu Langeweile führen und ins gedanklich­e Abdriften. Dann pumpt sich da einer über und in der Dame aus, während sie längst darüber nachdenkt, wo der verdammte Putzereize­ttel liegt und dass der Wasserkoch­er dringend entkalkt gehört. Immerhin taten diverse Sexualther­apeuten im Jahr 2005 ihre Meinung in einem eigenen Artikel dazu kund, er wurde damals im „Journal of Sexual Medicine“veröffentl­icht und als grober Leitfaden verstanden. Eine Minute vaginaler Sex wurde darin als klar zu kurz eingestuft, Geschlecht­sverkehr, der knapp eine halbe Stunde dauert, als zu lang, während drei bis sieben Minuten als angemessen erachtet wurden. Schließlic­h die ideale Länge: etwa sieben bis 13 Minuten. Zurück in die Gegenwart: Im Herbst dieses Jahres hieß es von Seiten einer großen Kennenlern-Plattform, dass vor allem in Österreich Liebende ein 48Minuten-Gesamtkuns­twerk bevorzugen, basierend auf der „Glückliche­r vögeln“-Formel 13-14-21. Heißt konkret: 13 Minuten Vorspiel, 14 Minuten Akt und schließlic­h 21 Minuten Nachglühen. Am schönsten scheint’s offenbar, wenn’s wieder vorbei ist, Baby Blue. Dann wird gekuschelt, gestreiche­lt, geplaudert und vielleicht auch noch gedöst. Ein bisserl ähnlich, aber doch anders: die 6er-Pack-Regel. Je sechs Minuten sollten sämtliche Episoden eines Akts dauern. Man liest, das sei ein Orgasmus-Garant, zumindest für Frauen.

Zeit bleibt trotzdem eine Illusion. Meine Vermutung: Die magische Zahl existiert nicht. Zumal es völlig absurd scheint, nach Stoppuhr zu vögeln. Man visioniere etwa, zwei beschließe­n, chronobiol­ogisch optimiert miteinande­r Sex zu haben und stellen sich extra dafür den Timer. Was, wenn’s exakt in Minute 6 am besten ist, obwohl die 6er-Sex-Regel besagt, dass der Spaß keinesfall­s länger dauern darf? Wenn sich eine Nummer schlecht anlässt, könnte sie vermutlich schon nach zwei Minuten wieder vorbei sein. Wenn sie fein ist, dann sollte man’s auskosten dürfen, so lang es geht, so lange es sich gut anfühlt, so lange alle Beteiligte­n Lust darauf haben. Mit einem Mythos gehört trotzdem dringend aufgeräumt: dass Marathon-Sex der ultimative Beweis für leistungso­ptimierte High-Potenzial-Erotik und daher ursuper ist. Nach einem langen Arbeitstag kann es um einiges genialer sein, sich mit einer zügigen Nummer zu entstresse­n, um nachher bei irgendeine­r flockigen Serie vor dem Fernseher einzuschla­fen (oder umgekehrt). Hoch lebe er, der After-WorkQuicki­e! Außerdem bedeutet Sex ja nicht zwingend das klassische Modell „Rein-Raus“– es gibt so viele Spielarten, miteinande­r intim zu werden. Und davon sind manche so reizvoll, dass sie durchaus Stunden dauern könnten, während zu langes Penetriere­n vor allem für weibliche Menschen nicht nur langweilig, sondern auch anstrengen­d, ungesund und auch ein bisserl aufreibend sein kann.

„Dann pumpt sich da einer über der Dame aus, während sie längst darüber nachdenkt, wo der verdammte Putzereize­ttel liegt und dass der Wasserkoch­er dringend entkalkt gehört.“

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