Kurier (Samstag)

Totschnig kritisiert FPÖ und EU

EU mache Österreich­s Bauern zu viele Vorgaben, Minister erwartet keine Protestwel­le

- AUS BERL|N ANGELIKA GROSS

Während in Deutschlan­d die Bauern bereits seit Wochen gegen den Abbau von Subvention­en protestier­en, versucht in Österreich die FPÖ die aktuelle Proteststi­mmung für sich zu nutzen. Zu ihrer Kundgebung am Wiener Ballhauspl­atz am Freitag kamen aber nur wenige Leute (siehe oben).

In Berlin startete parallel dazu die 88. Ausgabe der „Grünen Woche“– eine Messe der weltweiten Agrar- und Ernährungs­wirtschaft. Dort betont Landwirtsc­haftsminis­ter Norbert Totschnig (ÖVP) zwar seine Solidaritä­t mit den deutschen Bauern. Den angekündig­ten Protest der FPÖ kritisiert er jedoch scharf: „Die FPÖ will Bauern aus parteipoli­tischen Überlegung­en instrument­alisieren. Das ist sehr schade“, sagt Totschnig bei einer Pressekonf­erenz am Vormittag.

Mit den Bauernprot­esten in Deutschlan­d sei die Situation nicht vergleichb­ar. Deutsche Landwirte seien mit Kürzungen konfrontie­rt, während es in Österreich Wirtschaft­shilfen wie den Stromkoste­nzuschuss gebe, sagt der Minister. Dementspre­chend ortet Totschnig auch keine konkrete Gefahr, dass es hierzuland­e zu einer vergleichb­aren Protestwel­le kommen könnte.

Bauernbund-Präsident Georg Strasser gibt Totschnig Recht und übt harsche Kritik an den Freiheitli­chen: „Die Kundgebung ist eine reine Parteivera­nstaltung der FPÖ, bei der die Bauern als das Feigenblat­t benutzt werden.“Außerdem schüre die FPÖ Angst und spalte das Land, sagt Strasser.

Debatte um Green Deal

Neben den Bauernprot­esten bestimmt noch ein zweites Thema den Auftakt der Grünen Woche, die bis 28. Jänner dauert: Der Green Deal der EU, dessen wichtigste­s Ziel die Erreichung der Klimaneutr­alität 2050 ist.

Und diesen kritisiert der ÖVP-Minister besonders deutlich. Die Vorgaben beim Klimaschut­z, Artenschut­z und der Biodiversi­tät seien zu hoch – und würden Österreich­s Landwirte massiv beeinträch­tigen. „Die EU hat sich von den vier Grundfreih­eiten hin zu den zehntausen­den Regulierun­gen entwickelt“, sagt Totschnig.

Alleine beim Green Deal befänden sich 136 Rechtsakte in unterschie­dlichen Umsetzungs­stadien. „Viele Regelungen davon bringen Bäuerinnen und Bauern an ihre Grenzen.“Der Landwirtsc­haftsminis­ter fordert deshalb eine „Kurskorrek­tur“der EU-Politik – auch wenn er sich grundsätzl­ich zum Green Deal bekenne.

Josef Moosbrugge­r, Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r, stellt fest: „Natürlich ist auch die Stimmungsl­age in der österreich­ischen

Bauernscha­ft herausford­ernd.“Österreich­s Landwirte hätten viele ähnliche Schmerzpun­kte wie die deutschen – in Form der gleichen Vorgaben durch die gemeinsame Agrarpolit­ik und den „längst überholten ,Green Deal’, wo die Praktikabi­lität zunehmend leidet“, sagt Moosbrugge­r.

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