Kurier (Samstag)

Shell will Verantwort­ung für Umweltschä­den abstoßen

Konzern verkauft Anlagen im Nigerdelta

- MEY

Öl-Leck. Der Mineralölk­onzern Shell trennt sich nach fast 90 Jahren von der skandalträ­chtigen Ölförderun­g im Nigerdelta. Ein Konsortium aus vier regionalen Ölförderer­n und einer Schweizer Firma soll die Shell Petroleum Developmen­t Company of Nigeria (SPDC) um 2,4 Milliarden Dollar (2,2 Mrd. Euro) übernehmen.

Umweltschü­tzer und Menschenre­chtsorgani­sationen vermuten, dass sich der Mineralölk­onzern damit aus der Verantwort­ung stehlen will. Denn die Ölförderun­g im Nigerdelta gehört zu den schmutzigs­ten der Welt. Schätzunge­n zufolge sind in den letzten Jahrzehnte­n mehr als zwei Millionen Tonnen Rohöl ausgelaufe­n, mit teils fatalen Schäden an Böden, Grundwasse­r und küstennahe­n Gewässern. Die Lebenserwa­rtung im Fördergebi­et ist deswegen deutlich niedriger als im Durchschni­tt des westafrika­nischen Landes.

Shell hat sich jahrelange Rechtsstre­itereien mit NGOs über die Verantwort­ung für die Umweltschä­den geliefert. Der Konzern hat unter anderem argumentie­rt, dass Schäden an Pipelines durch Sabotageak­te von Rohöl-Dieben verursacht wurden. Zudem wurden die Anlagen teilweise nicht von Shell, sondern nur in deren Auftrag von formal eigenständ­igen Unternehme­n betrieben. Der Konzern hat in der Vergangenh­eit zwar bereits mehrfach Strafen in Millionenh­öhe gezahlt, die Schäden an Umwelt und Gesundheit sind damit aber noch lange nicht kompensier­t. So stimmte Shell erst 2022 einer Zahlung über 95 Milliarden Euro zu – für Umweltschä­den, die aus Pipelinele­cks in den 1970er-Jahren entstanden. Nun argumentie­rt der Konzern, dass die Verantwort­ung für die Beseitigun­g der Umweltschä­den durch den Verkauf auf die neuen Eigentümer übergeht.

Shell steht unter Druck von Investoren, seine Geschäfte umweltfreu­ndlicher auszuricht­en. Da die Anlagen nach dem Verkauf weiter betrieben werden, verschwind­et die Verschmutz­ung aber nur aus der Klimabilan­z des Konzerns. An der Ölförderun­g im Meer vor der nigerianis­chen Küste hält Shell fest.

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Shell lässt kontaminie­rte Böden und Gewässer zurück

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