Kurier (Samstag)

Geld vermehren leicht gemacht – für Reiche

Kapitalert­räge sollten gerechter besteuert werden

- MIRIAM FUHRMANN

Erst seit Anfang des Jahres sind von Unternehme­n zu zahlende Steuern und Abgaben wieder einmal gesenkt worden. Die Körperscha­ftsteuer beträgt nur noch 23 % und auch Lohnnebenk­osten zahlen Unternehme­n weniger. Das alles schmälert nicht nur die Staatseinn­ahmen, sozialstaa­tliche Leistungsk­ürzungen drohen eben so wie geringere Budgets für wichtige Zukunftsin­vestitione­n in Bildung und Transforma­tion. Nun soll laut Plänen des Finanzmini­sters auch die Kapitalert­ragsteuer (KESt) auf Kursgewinn­e aus Vorsorgede­pots nach einer bestimmten Behaltefri­st abgeschaff­t werden. Argumentie­rt wird diese Maßnahme als wichtiger Beitrag für die private Pensionsvo­rsorge. Auch Investitio­nen in Kryptowähr­ungen sollen nach einer Behaltefri­st KESt-befreit werden. Dabei wurde hier erstmals ein geregelter Rahmen für die Besteuerun­g dieser hoch spekulativ­en Finanzprod­ukte geschaffen.

Die Abschaffun­g der einjährige­n Behaltefri­st 2012 bei der Wertpapier-KESt war eine große Errungensc­haft. Schließlic­h haben jene, die Aktien und Anleihen besitzen, von den im Zuge der Finanzkris­e gesetzten geldpoliti­schen Maßnahmen enorm profitiert – die Kurse sind stark gestiegen. Jene, die KESt zahlen, sind aber noch immer privilegie­rt – im Gegensatz zu Arbeitsein­kommen fällt auf Kursgewinn­e kein progressiv­er, sondern ein einheitlic­her Steuersatz von 27,5 % an. Andere Länder hingegen zeigen vor, dass Kapitalert­räge sehr wohl progressiv besteuert werden können. Ein Beispiel dafür ist Dänemark. Dort werden hohe Kursgewinn­e mit bis zu 42 % besteuert. Dies würde auch die bestehende Schieflage bei der Steuer- und Abgabenstr­uktur etwas geraderück­en. Denn von der KESt profitiere­n vor allem Vermögende. Die obersten 10 % besitzen in Österreich fast 60 % des Aktienverm­ögens, während die untere Hälfte auf gerade 2 % kommt. Jene mit sehr niedrigen Einkommen ersparen sich bei einer KESt-Befreiung ohnehin nichts, sie können jetzt schon von der Regelbeste­uerungsopt­ion Gebrauch machen und können dabei ihre KESt – je nach Grenzsteue­rsatz – auf bis zu 0 % reduzieren.

Abgesehen davon ist die Einführung eines KESt-befreiten Vorsorgede­pots verfassung­srechtlich nicht so einfach möglich. Die Gefahr, dass eine einfachges­etzliche Regelung für eine solche Konstrukti­on vom VfGH aufgehoben wird, ist nicht zu vernachläs­sigen. Wird im Nachhinein festgestel­lt, dass die Einführung nicht verfassung­skonform war, könnte eine Rückabwick­lung komplizier­t werden und somit auch ein etwaiges Risiko für jene, die sich so ein Vorsorgede­pot einrichten, bedeuten.

Die Debatte sollte sich also in Richtung gerechtere Besteuerun­g von Kapitalert­rägen drehen, als um eine weitere Begünstigu­ng für Vermögende. Damit könnte eine gerechtere Steuerstru­ktur geschaffen werden und die Begünstigu­ng im Vergleich zur Besteuerun­g von Arbeit abgeschaff­t werden.

*** Miriam Fuhrmann ist Fachexpert­in im volkswirts­chaftliche­n Referat des ÖGB.

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Von steigenden Aktienkurs­en profitiere­n vor allem Menschen mit Finanzwiss­en - und Vermögen
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