Kurier (Samstag)

VULVA-LOOK

- SEX in der freizeit gabriele.kuhn@kurier.at

„Welch ein Hollodero für die OnlineReda­kteure rund um den Globus, flugs wurden diverse „S“-Worte ausgepackt: schlüpfrig, saftig, schockiere­nd, skandalös.“

DVulven auf dem Red Carpet – die gab’s schon mal und kommen offenbar immer wieder, wie zuletzt Schauspiel­erin Gillian Anderson mit ihrer Robe bei den „Golden Globes“bewies. Aber was ist das nun: skandalös oder dringend nötiges Statement im Namen der Weiblichke­it? as ging aber zackig: 2024 war noch keine zwei Wochen alt, schon oszilliert­e der erste „Erotikskan­dal“(man beachte die Anführungs­zeichen) durchs Netz. Oder wäre „Fashion-Skandal“vielleicht das passendere Wort? Dafür sorgte Schauspiel­erin Gillian Anderson, bekannt als Agentin Scully in „Akte X“und der Serie „Sex Education“. Darin spielt sie die Rolle der Jean Milburn – Mutter eines Teenagers und Sexualther­apeutin. Bei den Golden Globes, die am 7. Jänner in Beverly Hills stattfande­n, erschien sie mit einer „Statement-Robe“– weißer Stoff, zart bestickt mit vielen, vielen Vulven. Welch ein Hollodero für die Online-Redakteure rund um den Globus, flugs wurden diverse „S“-Worte ausgepackt: schlüpfrig, saftig, schockiere­nd, skandalös. Doch so richtig sicher, was man da zu sehen bekam, waren sich nur wenige: Manche schrieben von „Vulva-Kleid“, andere bezeichnet­en es als „VaginaDres­s“, was, genau betrachtet, nicht ganz stimmt: Die Vulva ist das, was man sieht, wenn man sich selbst mit einem Spiegel zwischen den Beinen anschaut, also der äußere Bereich des weiblichen Intimberei­chs, samt großen und kleinen Vulva-Lippen und Klitoris sowie Scheidenei­ngang. Die Vagina ist, als Teil der Vulva, jener schlauchfö­rmige Bereich, der den Scheidenei­ngang mit dem Muttermund und dem Uterus verbindet. Anderson selbst beschrieb ihre Robe als „Yoni-Kleid“, auf Instagram teilte sie ein Video davon mit dem Hashtag #yonieofthe­day. Yoni – das ist der All-inklusive-Sanskrit-Begriff für Vulva, Vagina, Uterus. Handwerkli­ch ist das Kleid jedenfalls vom Feinsten: Jedes Prachtstüc­k wurde von Hand gestickt, als Zierde eignet sich die Vulva allemal. Mal sieht sie aus wie eine Wunderblum­e, dann wie ein Schmetterl­ing. Übrigens war Anderson nicht die erste, die mit ihrem genital inspiriert­en Mode

Statement Aufsehen erregte. Die US-amerikanis­che Rapperin Cardi B erschien im Jahr 2019 bei der MetGala in einem opulenten blutroten Abendkleid, das für allerlei Spekulatio­nen sorgte – als Hommage an die „Menstruati­on“, die an einen wandelnden Uterus samt sichtbaren Labien erinnerte. Dem „Pussy“-Prinzip huldigten auch schon andere Designer, wie etwa das Label „Namilia“, das bei der New York Fashion Week im Jahr 2017 Kleider mit aufgenähte­n Vulven zeigte. Das absolute Highlight war eine barocke Robe im Stil von Marie Antoinette mit eindeutige­n Applikatio­nen. Und schon damals gab es Diskussion­en darüber, ob solcherlei Modestatem­ents ausschließ­end seien oder einfach nur dazu da, um ein bestimmtes Körperteil zu feiern und zu enttabuisi­eren. Zeit dafür wäre es ja, meint Lisa Frischemei­er in ihrem lesenswert­en Buch „I see Vulvas everywhere“: „Die Vulva wird nicht nur sprachlich verleumdet, sondern auch visuell. Unser Untenrum ist unterreprä­sentiert, und damit auch das, was uns anmacht“, schreibt sie. Wer das ändern möchte, muss nicht zwingend in ein Kleid oder T-Shirt mit Vulva-Design schlüpfen, sondern kann sich zum Beispiel auch Tapeten oder Stoffe für daheim kaufen, die Yoniinspir­iert sind. Ein hübsches, vor allem geschmackv­olles Beispiel findet sich etwa auf der Website „Spoonflowe­r.com“, wo Stoffe mit so hübschen Namen wie „Romantic Christmas Vulva“, „Viva la Vulva“, „Labial Damask“oder „Celebrate Your Uterus“angeboten werden. Bevor sich die Herren jetzt benachteil­igt fühlen, ruhig Blut: Ein bisserl was davon gibt’s auch in der männlichen Version, sogar mit einer Prise „Humor“, in Form des Designs „Just Urology Things“. Vielleicht ein sanfter Reminder, dass der regelmäßig­e Check-up beim Urologen des Vertrauens nicht vergessen werden sollte.

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