Nehammer-Rede: Babler bringt SPÖ auf deutliche Distanz zur Volkspartei
Die Rede des ÖVP-Chefs sei eine „Verarsche“, weil er am Ende einer Regierungsphase sage, was er wirklich wolle
Polit-Replik. Es war ein bemerkenswerter Zufall: Just an dem Tag, an dem der Bundeskanzler und ÖVPChef Karl Nehammer in Wels seinen „Österreichplan“präsentierte (siehe Seite 4), traf sich der Parteivorstand der SPÖ zu einer routinemäßigen Sitzung und besprach – ja, was eigentlich?
Nun, die Parteiführung der Sozialdemokratie kam nicht umhin, auf die seit Tagen schwelende Neuwahl-Debatte zu reagieren und sich diesbezüglich einzustimmen.
„Natürlich war das ein Thema“, erzählt ein Sitzungsteilnehmer. In der Parteiführung der SPÖ ist man seit Längerem überzeugt, dass der planmäßige Wahltag – also der 29. September – so nicht halten wird. Man rechnet mit einer vorgezogenen Nationalratswahl. Neben ersten Einschätzungen zum Wahltag beschäftigte sich Parteichef Andreas Babler mit Inhalten und Auftritt seines Gegenübers in der Volkspartei. Wie geht man um mit der Rede des ÖVP-Chefs? Was ist die eigene Stoßrichtung, die rote Gegen-Erzählung?
Der ÖVP-Kanzler hatte in Wels noch kein einziges Wort gesagt, da hatte SPÖ-Klubchef Philip Kucher ein Wording zur Hand: „Nehammers Rede wird maximal eine Bewerbungsrede zur ÖVP-Vizekanzlerschaft unter Kickl.“Man könne der Volkspartei nach 37 Jahren in der Regierung einfach nichts glauben. Deshalb sei die Rede in zwei Teile zu gliedern. „Erstens, in jenen, den die ÖVP schon in den letzten fünf Wahlprogrammen versprochen und nie eingelöst hat; und zweitens in den Teil, der einzig und allein mit der FPÖ umgesetzt werden kann.“
Freitagnachmittag schließlich Andreas selbst auf den Plan.
Ablenkung
trat Babler
Und der rote Parteichef wiederholte seinen deftig-bösen Sager, der diese Woche schon einmal gefallen ist, nämlich: „Die Rede von Karl Nehammer ist ein peinliches Ablenkungsmanöver. Sie ist eine Verarsche.“
Wie kommt ein Kanzlerkandidat zu einem solch derben Ausdruck?
Babler erklärt das so: Es sei eine Verhöhnung der Wähler, wenn man am Ende einer Regierungsphase, für die man gewählt und mit Vertrauen ausgestattet wurde, plötzlich mitteile, was man eigentlich umsetzen wolle.
Für Babler ist diese Regierung fertig, „sie gehört abgewählt“. Die Lust der SPÖ, mit der Volkspartei zu regieren, ist offenkundig enden wollend. Denn wenn man Babler zuhört, wird klar: All die Kritik, die ÖVP-Vertreter und auch der Kanzler am Freitag in Wels an der Kickl-FPÖ loswurden, ändert nichts daran, dass ihr die SPÖ nicht über den Weg traut. „Die Signale“, sagt Babler, „sind unüberhörbar, die ÖVP schreit ja förmlich: ‚Bitte, Herr Kickl, lassen Sie uns mitregieren!‘ “Das habe man ja auch schon in Niederund Oberösterreich sowie in Salzburg gesehen.
Doch nicht nur das Machtstreben der ÖVP, auch die Inhalte der Nehammer-Rede lassen Babler auf Distanz zu den Schwarzen gehen. Konzerne und Großverdiener sollten weniger Steuern bezahlen; und auch die von der ÖVP geforderten Änderungen bei Sozialleistungen wie dem Arbeitslosengeld sind Babler ein Graus. Türkis und Blau stünden für eine „autoritäre Wende“in Österreich. Und der könne sich nur die SPÖ als Gegenpol entgegenstemmen.