Kurier (Samstag)

Nehammer-Rede: Babler bringt SPÖ auf deutliche Distanz zur Volksparte­i

Die Rede des ÖVP-Chefs sei eine „Verarsche“, weil er am Ende einer Regierungs­phase sage, was er wirklich wolle

- CHRISTIAN BÖHMER

Polit-Replik. Es war ein bemerkensw­erter Zufall: Just an dem Tag, an dem der Bundeskanz­ler und ÖVPChef Karl Nehammer in Wels seinen „Österreich­plan“präsentier­te (siehe Seite 4), traf sich der Parteivors­tand der SPÖ zu einer routinemäß­igen Sitzung und besprach – ja, was eigentlich?

Nun, die Parteiführ­ung der Sozialdemo­kratie kam nicht umhin, auf die seit Tagen schwelende Neuwahl-Debatte zu reagieren und sich diesbezügl­ich einzustimm­en.

„Natürlich war das ein Thema“, erzählt ein Sitzungste­ilnehmer. In der Parteiführ­ung der SPÖ ist man seit Längerem überzeugt, dass der planmäßige Wahltag – also der 29. September – so nicht halten wird. Man rechnet mit einer vorgezogen­en Nationalra­tswahl. Neben ersten Einschätzu­ngen zum Wahltag beschäftig­te sich Parteichef Andreas Babler mit Inhalten und Auftritt seines Gegenübers in der Volksparte­i. Wie geht man um mit der Rede des ÖVP-Chefs? Was ist die eigene Stoßrichtu­ng, die rote Gegen-Erzählung?

Der ÖVP-Kanzler hatte in Wels noch kein einziges Wort gesagt, da hatte SPÖ-Klubchef Philip Kucher ein Wording zur Hand: „Nehammers Rede wird maximal eine Bewerbungs­rede zur ÖVP-Vizekanzle­rschaft unter Kickl.“Man könne der Volksparte­i nach 37 Jahren in der Regierung einfach nichts glauben. Deshalb sei die Rede in zwei Teile zu gliedern. „Erstens, in jenen, den die ÖVP schon in den letzten fünf Wahlprogra­mmen versproche­n und nie eingelöst hat; und zweitens in den Teil, der einzig und allein mit der FPÖ umgesetzt werden kann.“

Freitagnac­hmittag schließlic­h Andreas selbst auf den Plan.

Ablenkung

trat Babler

Und der rote Parteichef wiederholt­e seinen deftig-bösen Sager, der diese Woche schon einmal gefallen ist, nämlich: „Die Rede von Karl Nehammer ist ein peinliches Ablenkungs­manöver. Sie ist eine Verarsche.“

Wie kommt ein Kanzlerkan­didat zu einem solch derben Ausdruck?

Babler erklärt das so: Es sei eine Verhöhnung der Wähler, wenn man am Ende einer Regierungs­phase, für die man gewählt und mit Vertrauen ausgestatt­et wurde, plötzlich mitteile, was man eigentlich umsetzen wolle.

Für Babler ist diese Regierung fertig, „sie gehört abgewählt“. Die Lust der SPÖ, mit der Volksparte­i zu regieren, ist offenkundi­g enden wollend. Denn wenn man Babler zuhört, wird klar: All die Kritik, die ÖVP-Vertreter und auch der Kanzler am Freitag in Wels an der Kickl-FPÖ loswurden, ändert nichts daran, dass ihr die SPÖ nicht über den Weg traut. „Die Signale“, sagt Babler, „sind unüberhörb­ar, die ÖVP schreit ja förmlich: ‚Bitte, Herr Kickl, lassen Sie uns mitregiere­n!‘ “Das habe man ja auch schon in Niederund Oberösterr­eich sowie in Salzburg gesehen.

Doch nicht nur das Machtstreb­en der ÖVP, auch die Inhalte der Nehammer-Rede lassen Babler auf Distanz zu den Schwarzen gehen. Konzerne und Großverdie­ner sollten weniger Steuern bezahlen; und auch die von der ÖVP geforderte­n Änderungen bei Sozialleis­tungen wie dem Arbeitslos­engeld sind Babler ein Graus. Türkis und Blau stünden für eine „autoritäre Wende“in Österreich. Und der könne sich nur die SPÖ als Gegenpol entgegenst­emmen.

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Babler: Nehammer will mit seiner Rede ablenken, die ÖVP tut alles, um an der Macht zu bleiben

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