Kurier (Samstag)

Russlands x-fache Lügen im Netz

Systematis­che Kampagne wurde in Deutschlan­d aufgedeckt

- EP

Desinforma­tion. „Der Krieg in der Ukraine wird in 3 Monaten vorbei sein“, twittert Annalena Baerbock. Ihr Profilbild sieht echt aus, das Konto @ABaerbock stimmt auch. Das Posting zirkuliert im September auf X, viele Menschen glauben es.

Allein: Alles daran ist falsch. Das Posting war Teil einer russischen Desinforma­tionskampa­gne, hat das deutsche Außenminis­terium jetzt eruiert. 50.000 gefälschte Nutzerkont­en wurden identifizi­ert, alle betrieben gezielt und koordinier­t Stimmungsm­ache gegen die deutsche Regierung, fast stakkatoar­tig: Zwei Postings pro Sekunde, in Summe mehr als eine Million Tweets wurden registrier­t, alle gegen die Ukraine-Politik Deutschlan­ds gerichtet.

Wagner-Trolle

Russische Desinforma­tionskampa­gnen gibt schon länger, bereits der KGB erkannte in den 1960ern die Chancen der bewussten Verwirrung der Öffentlich­keit. Bekannthei­t erlangten Moskaus „Trolle“während der US-Wahl 2016, da machten sie im Netz Stimmung für das Trump-Lager. Hinter einer der größten dieser „Trollfabri­ken“stand lange Jewgenij Prigoschin, Chef der Wagner-Truppen, der 2023 bei einem Flugzeugab­sturz ums Leben kam.

Mittlerwei­le werden Falschinfo­s als massive Bedrohung eingestuft. Laut Global Risks Report 2024 liegen sie auf Platz eins der „kurzfristi­gen Gefahren“, werden also in den kommenden zwei Jahren noch problemati­scher als Extremwett­er und gesellscha­ftliche Polarisier­ung. Bei der aktuellen Kampagne waren sie jedoch teils leicht zu enttarnen, die Fake-Accounts verlinkten häufig auf Seiten, die bekannte Medien imitierten – sehr schlecht. Auffällig war zudem, dass die Postings nur wochentags abgesetzt wurden. Am Wochenende hatten die Trolle offenbar frei.

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