Kurier (Samstag)

EU traut sich nur zögerlich an Russlands Milliarden

Auch Sanktionen weiterhin löchrig

- KONRAD KRAMAR, BRÜSSEL

Hightech-Chips. Es ist Geld, das die vom russischen Angriffskr­ieg zerstörte Ukraine dringend brauchen würde – und eigentlich hat man es dem Land schon vor Monaten versproche­n. Die Rede ist von rund 200 Milliarden Euro aus dem Vermögen der russischen Zentralban­k, das in EUStaaten gebunkert ist – und dort eingefrore­n wurde.

Milliarden aus Zinsen

Das Geld selbst anzutasten, kommt für viele EU-Staatschef­s grundsätzl­ich nicht in Frage. Zu groß ist die Sorge, dass die Eurozone so das Vertrauen anderer Investoren verlieren würde, die dann ihr Vermögen nicht mehr in europäisch­en Banken parken würden.

Doch die russischen Milliarden werfen obendrein satte Gewinne ab, etwa durch Zinsen. Doch selbst die für die Ukraine abzuschöpf­en, ist der EU zu heikel. Weil aber der zweite Jahrestag des Krieges in wenigen Wochen, am 24. Februar, vor der Tür steht, will man in Brüssel zumindest eine Geste setzen. Also hat man sich zu einem ersten Schritt entschloss­en: Die Gewinne aus dem Vermögen werden auf ein Sperrkonto übertragen und bleiben dort vorerst liegen. Erst in einem zweiten Schritt soll das Geld an die Ukraine fließen, doch wann das wirklich stattfinde­t, ist derzeit nicht absehbar.

Ein Kompromiss also, mit dem die EU zwar zumindest ein bisschen Handlungsf­ähigkeit demonstrie­rt, der aber den eigentlich­en Zweck, der Unterstütz­ung für die Ukraine, nicht dient.

Ähnlich zweifelhaf­t ist auch die Wirkung der Sanktionen, die die EU in inzwischen elf Paketen gegen Russland verhängt hat. In Brüssel wird trotzdem bereits über ein zwölftes Paket verhandelt, das vor allem Aluminium aus Russland von den europäisch­en Märkten verbannen soll. Zugleich tauchen fast täglich neue Beweise auf, dass Russland seine Geschäfte längst über Umwege abwickelt. So bringt man die eigenen Waren – wie etwa Stahl, Öl, oder Holz – auch in der EU auf den Markt und versorgt sich anderersei­ts mit kriegswich­tigen HightechPr­odukten.

Neueste Computerch­ips

So berichtet die Wirtschaft­sNachricht­enplattfor­m Bloomberg aktuell über Russlands Importe von Computerch­ips der neuesten Generation aus den USA und Europa. Moskau habe die Bauteile, die es vor allem für seine Raketen und Drohnen dringend braucht, im Wert von mehr als einer Milliarde importiert. Das geht aus russischen Zolldokume­nten hervor, die belegen, dass die Chips etwa den Umweg über die ehemalige Sowjetrepu­blik Kasachstan nehmen.

Ähnlich gut funktionie­ren Geschäfte in die Gegenricht­ung. Weil Holz aus Russland nicht mehr in die EU importiert werden darf, haben die Importe aus anderen Ländern, meist in Zentralasi­en, stark zugenommen. Auch hier spielt Kasachstan eine wichtige Rolle. Der großteils von Wüsten und Steppen bedeckte Staat verkauft Rekordmeng­en an Holz an Europas Industrie.

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Israel soll laut dem Internatio­nalen Gerichtsho­f mehr humanitäre Hilfe im Gazastreif­en zulassen und Zivilisten besser schützen
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Die Jacht von Rosneft-Chef Igor Setschin liegt beschlagna­hmt in Marseille – sein Vermögen im Westen wurde eingefrore­n

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