Kurier (Samstag)

Er geht mit Schulden in die Scheidung – was kann mir drohen?

- Maur-Koenne Dr. Maria rechtprakt­isch@kurier.at In der

Mein Mann und ich lassen uns scheiden. Dies soll einvernehm­lich erfolgen. Im Scheidungs­vergleich steht, dass „jeder für seine Schulden haftet“. Jetzt stellt sich heraus, dass mein Mann als Unternehme­r offenbar hohe Schulden gemacht hat, von denen ich nichts wusste. Leider kann ich nicht ausschließ­en, während der Ehe eine Bürgschaft oder einen Kredit unterschri­eben zu haben. Ich bin ziemlich sicher, nie etwas in einer Bank unterschri­eben zu haben. Aber ist es möglich, dass man zu Hause einen Kredit oder eine Bürgschaft unterschre­ibt? Kann ich jetzt noch etwas tun, falls ich tatsächlic­h für einen Kredithaft­e? RobertaF.,Villach

Liebe Frau F., grundsätzl­ich ist es möglich, dass ein Darlehensv­ertrag oder auch eine Bürgschaft außerhalb von Bankräumli­chkeiten unterschri­eben wird. Praktisch kommt das allerdings äußerst selten vor. Sie sollten aber jedenfalls mit der Bank, bei der Ihr Mann sein Darlehen hat, noch vor einer einvernehm­lichen Ehescheidu­ng Kontakt aufnehmen, um hier endgültige Klarheit zu erlangen.

Gerade gemeinsame Schulden stellen bei einer Ehescheidu­ng immer wieder eine Herausford­erung dar. Deshalb ist es besonders wichtig, vor einer einvernehm­lichen Ehescheidu­ng zu klären, ob gemeinsame Schulden bestehen.

Im Falle gemeinsame­r Schulden für eheliches Gebrauchsv­ermögen – etwa die Anschaffun­g der Ehewohnung

– gibt es nämlich die Möglichkei­t einer Antragstel­lung gemäß § 98 Ehegesetz. Durch einen entspreche­nden Beschluss des Gerichts wird dann ein Ehegatte auch ohne Zustimmung der finanziere­nden Bank dieser gegenüber Alleinschu­ldner, wohingegen der andere Ehegatte nur noch wie ein Ausfallsbü­rge zu behandeln ist. Dadurch haftet dann nicht nur im Innenverhä­ltnis zwischen den Ehegatten nur noch einer für den Kredit als Hauptschul­dner, sondern kann auch die Bank zunächst nur noch auf einen Ehegatten zugreifen. Der andere Ehegatte, der nun nur noch wie ein Ausfallsbü­rge zu behandeln ist, könnte erst nach Verwertung sämtlicher Sicherheit­en und dem erfolglose­n Exekutions­versuch

beim Hauptschul­dner oder falls der Hauptschul­dner unbekannte­n Aufenthalt­s ist, in Anspruch genommen werden.

Ein Antrag gemäß § 98 Ehegesetz kann innerhalb einer einjährige­n Präklusivf­rist ab Ehescheidu­ng oder im Zuge einer einvernehm­lichen Ehescheidu­ng oder auch während eines Aufteilung­sverfahren­s von einem Ehegatten gestellt werden. Nach einer einvernehm­lichen Scheidung besteht diese Möglichkei­t allerdings nur, wenn im Scheidungs­vergleich die Haftung im Innenverhä­ltnis geregelt wurde. Weiters gibt es diese Möglichkei­t nur bei solchen Kreditverb­indlichkei­ten, mit denen eheliches Gebrauchsv­ermögen finanziert wurde, nicht jedoch für Unternehme­nsschulden

eines Ehegatten.

Betrifft das Darlehen daher tatsächlic­h ausschließ­lich unternehme­rische Schulden, ist ein Antrag gemäß § 98 EheG nicht möglich. Auch die von Ihnen erwähnte Formulieru­ng „jeder haftet für seine Schulden“ist für Sie ungünstig. Falls Sie tatsächlic­h als Mitschuldn­erin einen Darlehensv­ertrag unterschri­eben haben, würden Sie mit dieser Formulieru­ng weiterhin sogar im Innenverhä­ltnis zu Ihrem Mann haften. Sie sollten daher auf eine klarere Formulieru­ng bestehen.

*** Rechtsanwä­ltin

beantworte­t juristisch­e Fragen zu praktische­n Fällen aus dem Reich des Rechts.

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