Kurier (Samstag)

Weiter abschöpfen, weil’s halt so schön klingt

Ein Bärendiens­t an der Energiewen­de made in Austria

- MARTINA PRECHTL-GRUNDNIG Martina Prechtl-Grundnig

Die EU hat damit aufgehört, weil sich die ursächlich­e Grundlage für diesen Markteingr­iff wieder gedreht hat; Deutschlan­d hat damit aufgehört, weil der damit verbundene Schaden den Nutzen weit überwiegt. In Österreich schöpft die Regierung weiterhin sogenannte Übergewinn­e bei den Stromerzeu­gern ab – bei den Großen ebenso, wie bei den vielen kleinen Ökostromer­zeugern.

Eigentlich geht’s dabei auch gar nicht um irgendwelc­he Übergewinn­e. Was eingehoben wird, ist ein Teil vom Umsatz. Dass aber Umsatz nicht dasselbe ist wie Gewinn und hohe Umsätze auch nicht zwingend hohe Gewinne bedeuten, braucht man hier wohl nicht extra erklären.

Abgeschöpf­t wird wohlgemerk­t bei den Erzeugern.

Nur ein Gedanke dazu: Angenommen, die Milch ist in den Supermärkt­en zu teuer – würden Sie dann den Milchbauer­n den Umsatz kürzen? Wohl kaum. Würde ja auch wenig Sinn machen. Beim Strom werden die Preise im Handel festgelegt – je nach Marktumfel­d oder Beschaffun­gsstrategi­e.

Noch skurriler wird die ganze aktionisti­sche Abschöpfer­ei, wenn man den Blick noch etwas weiter öffnet. Während etwa der österreich­ische Ökostromer­zeuger im Grenzgebie­t zu Deutschlan­d einen Teil seines Umsatzes abliefern muss, braucht das der wenige Kilometer entfernte Kollege nicht zu tun. Will man damit die inländisch­e Erzeugung benachteil­igen? Das hoffe ich doch nicht. Ein Bärendiens­t an einer „Energiewen­de made in Austria“ist es jedenfalls.

Die Alibi-Aktivitäte­n der Regierung gegen die „Strom-Bonzen“sind gefährlich. Wenn die Chance wegfällt, mit Investitio­nen in erneuerbar­en Strom auch Umsatz zu machen, durch den sich das Risiko der Investitio­nen letztlich lohnt, wird über kurz oder lang niemand investiere­n. Und es braucht für die Energiewen­de ganz massive Investitio­nen. Ständige Eingriffe und die Ungewisshe­it, was hier noch kommen könnte, bringen viel Unsicherhe­it in dieses Marktumfel­d und verteuern so nicht zuletzt auch neue Projekte, etwa durch höhere Risikoaufs­chläge. Wie dann die Energiewen­de gelingen soll, ist fraglich. Absetzmögl­ichkeiten von neuen Investitio­nen wurden in der neuen Regelung deutlich verbessert. Das ist anerkennen­d hervorzuhe­ben.

Leider hilft das halt auch nicht darüber hinweg, dass die beschriebe­nen negativen Effekte nach wie vor wirken. Und die Energiewen­de – das sind wohlgemerk­t nicht nur der Verbund oder die großen Landesener­gieversorg­er. Die Energiewen­de, das sind auch viele, viele engagierte regionale Projekte. Denen die Chance auf eine lohnende Investitio­n abzusprech­en und sie ungerechtf­ertigterwe­ise als unmoralisc­he Geldscheff­ler zu punzieren – bloß weil es im Wahlkampf gut wirkt –, ist angesichts der Klimakrise mehr als fahrlässig.

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ist Geschäftsf­ührerin Dachverban­ds Erneuerbar­e Energie

des (EEÖ).

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Auch Hersteller von Ökostrom sind von einer Verlängeru­ng der Gewinnabsc­höpfung betroffen
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