Kurier (Samstag)

Im Gemeindeba­u

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Floridsdor­f. Sie beklagt sich nicht. Das ist wirklich außergewöh­nlich in einem Gemeindeba­u in Großjedler­sdorf, in dem die SPÖ ihre absolute Mehrheit längst verloren hat. Sie ist Lehrerin im Ruhestand, hat es selbst nicht so dick, spricht aber von schlechtem Gewissen, dass die Miete für ihre 56-m2-Wohnung mit aktuell rund 300 Euro immer noch moderat ist: „Wir dürfen uns nicht beschweren. Es gibt viele junge Menschen in Wien, so wie meine Tochter in einer Genossensc­haftswohnu­ng, die sehr viel mehr für das Wohnen bezahlen.“

Regine Nemes ist die „gute Fee von der 5er-Stiege“. Als beliebte Pädagogin hat sie schon manchem Nachbarski­nd das kleine und das große Einmaleins der Schule und des Lebens beigebrach­t.

Corona, die Kriege in der Welt, vor allem die Teuerungen für Energie, für Wohnen, Essen und Trinken sind nicht spurlos an ihrer Nachbarsch­aft vorübergeg­angen: „Es gibt bei uns einige, die genau auf ihr Geld schauen müssen.“

Das Damoklessc­hwert schwebt auch permanent über ihrem Gemeindeba­u. Die Maxime lautet da und dort: Lieber Kartoffel mit Butter zum Monatsende als den Zins zu Beginn des neuen Monats nicht bezahlen können.

Die Miete von Regine Nemes, bestehend aus Hauptmietz­ins und Betriebsko­sten, wurde im Sommer 2023 um ein Viertel erhöht, was zusätzlich Nervosität ausgelöst hat. Durch den „Gemeindeba­u-Bonus“gab es zuletzt aber kurzfristi­g eine Entlastung.

Aufgrund des bewusst reduzierte­n Lebensstil­s (Rad statt Auto, Schreberga­rten statt Flugreisen) würden sie die Teuerungen nicht so hart treffen. Frau Nemes wohnt seit 33 Jahren hier. Weist aber darauf hin: „Wer immer meine Wohnung mal übernehmen wird, wird deutlich mehr Miete zahlen.“

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