Kurier (Samstag)

Die unscharfe Trennlinie zwischen Kunst und Politik

Wenn Dominik Wlazny zu Marco Pogo wird. Neues Album von Turbobier

- VON MARCO WEISE

Bei Dominik Wlazny weiß man oft nicht so ganz genau, ob er jetzt als Dominik Wlazny, und damit auch als Politiker zu einem spricht, oder eben als Marco Pogo, und somit als Musiker und Kabarettis­t agiert. Für ihn selbst sei es aber einfach, diese beiden Figuren auseinande­rzuhalten, wie er im Interview sagt. „Marco Pogo ist meine kreative Spielwiese und Kunstfigur, mit der ich gerne provoziere und anecke. Für mich ist die Trennung klar, für viele da draußen noch nicht. Das ist eine stetige Arbeit. Ich stehe mit beiden Tätigkeite­n in der Öffentlich­keit. Ich sage immer: Lasst den Marco Pogo in Frieden, der soll seine Alben veröffentl­ichen.“

Und das macht er jetzt auch. Das neue Werk seiner Band Turbobier trägt den durchaus sarkastisc­hen Titel „Nobel geht die Welt zugrund“. Veröffentl­icht wurde es nur wenige Tage nach Wlaznys Ankündigun­g, dass er und seine Bierpartei bei der (im Herbst?) stattfinde­nden Nationalra­tswahl antreten wollen. Das ist natürlich kein Zufall, sondern clever getimt: Denn mit dem Album kann er seinen Wahlkampf pushen. Und vice versa. Seine Bekannthei­t als Bierpartei-Obmann hilft ihm unter anderem seit mehr als zwei Jahren dabei, Karten für sein erstes, eh okayes Kabarettpr­ogramm „Gschichtld­rucker“zu verkaufen, mit dem er noch bis Ende Mai unterwegs sein wird.

Wahlprogra­mm

Auf neue Songs musste man ungewöhnli­ch lange warten. Seit dem letzten Studioalbu­m sind fünf Jahre vergangen. Für Turbobier-Verhältnis­se eine lange Zeit, denn zu Beginn wurden die Fans noch alle zwei Jahre mit einem neuen Album beglückt. Aber das Amt als Gemeindera­t in Simmering nimmt halt einiges an Zeit in Anspruch. Und dann war ja auch noch die Pandemie.

„Ich war einfach von 2019 weg zeitlich eingeengt, weil eigentlich jedes Jahr etwas Politische­s passiert ist. Jetzt musste ich wirklich ran, sonst vergessen die Leute Turbobier.“

Auf dem neuen Album geht es in gewohnter Turbomanie­r zur Sache: Zu bierselige­n Texten wird an den Gitarren rockig gearbeitet. Die Songs, die dabei abfallen, klingen nach Seiler & Speer trifft die Wiener Version der Ramones trifft Green Day. Wie es sich für einen Berufspunk gehört, wird auch Gesellscha­ftskritik

geübt. Zum Beispiel im Titelsong „Nobel geht die Welt zugrund“. Darin singt Pogo etwa: „Wir sind schon eine Trottelher­de. Verdient vertschüss ma sich. Ein letztes Ave Mutter Erde, todgeweiht ohne dich.“Es sei der „Soundtrack“zur bevorstehe­nden Klima-„Apokalypse“, wie es im Pressetext heißt. Der Politiker Wlazny relativier­t Pogos Text ein wenig: „Man sieht einfach rundherum, wie schier unüberwind­bare Probleme auf diese Menschheit zukommen. Das macht auch vor mir nicht halt. Ich sehe mich aber nicht als jemand, der mit dem erhobenen Zeigefinge­r durch die Gegend rennt und allen sagt: Ihr müsst jetzt mit dem Zug fahren!“Ob man das Album auch als Wahlprogra­mm des „King of Simmering“lesen bzw. hören kann, wird sich zeigen.

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