Kurier (Samstag)

Kommando „Karl Nehammer“

- VON MARTIN GEBHART martin.gebhart@kurier.at

Als Grundsatzr­ede des Bundeskanz­lers war die Präsentati­on des „Österreich­plans 2030“in Wels angekündig­t worden. Die Stimmung in der Halle erinnerte aber mehr an einen Wahlkampfa­uftakt, als an eine bloß inhaltlich­e Festlegung eines politische­n Weges. Im Vorfeld der Rede von Karl Nehammer wurde gegen die Obleute von FPÖ und SPÖ, Herbert Kickl und Andreas Babler, gewettert. Während der Rede waren es der kollektive Applaus und mehrmals Standing Ovations, die nicht nur den Ansagen des Kanzlers galten, sondern auch der Parteiseel­e der Funktionär­e. Eine Art Mutinjekti­on gegen die nicht gerade berauschen­den Umfragewer­te. Und auch gegen die negative Stimmung in der Öffentlich­keit, die in den vergangene­n Jahren in erster Linie von den Vorwürfen in den Untersuchu­ngsausschü­ssen geprägt war. Der von Kanzler Nehammer und der ÖVP vorgestell­te „Österreich­plan 2030“umfasst rund 80 Seiten. Es wird so ziemlich jedes Thema gestreift. Teilweise wirken die Vorschläge wie eine schwarze oder türkise Kurskorrek­tur, vor allem, wenn es um die Wirtschaft geht. Weg vom Staat, der überall finanziell einspringt, hin zu einem freier agierenden Unternehme­rtum. Beim Klimaschut­z versucht man, sich vom grünen Koalitions­partner abzuheben. Es ist von einem grünen Verbrenner­motor die Rede, genauso von 20 Milliarden Euro für den Straßenbau, den die grüne Ministerin Leonore Gewessler so gar nicht mag.

Die Inszenieru­ng in Wels war mehr als eine Grundsatzr­ede. Das war Wahlkampf. Weniger für die ÖVP als für Bundeskanz­ler Karl Nehammer

Der „Österreich­plan“wird noch für viele politische Diskussion­en sorgen. Man hat sich damit wieder auf dem Spielfeld der Themen breitgemac­ht, das zuletzt eher von Andreas Babler und Herbert Kickl dominiert war. Dazu hat auch die geschickte mediale Inszenieru­ng im Vorfeld der Kanzlerred­e beigetrage­n. Mit dem Nachmittag haben die Strategen der ÖVP-Bundespart­ei eines auch noch erreicht: Für Bundeskanz­ler Karl Nehammer wurde ein Pflock eingeschla­gen. So fest, dass diejenigen, die zuletzt parteiinte­rn immer lauter daran gezweifelt haben, ob er der richtige Spitzenkan­didat für die kommende Nationalra­tswahl ist, von nun an eher schweigen werden. Gleichgült­ig, wann gewählt wird. Dass manche – Funktionär­e aber auch Kommentato­ren – diese Rede bereits als die letzte Chance von Karl Nehammer bezeichnet haben, unterstrei­cht dieses Bild. Der Kanzler hat diese Chance in Wels jedenfalls genutzt. Ob das für die Nationalra­tswahl reicht, ist damit noch lange nicht beantworte­t. Ein parteiinte­rner Kraftakt allein reicht da nicht. Allerdings hat Nehammer in Wels gezeigt, dass er wahlkämpfe­n und motivieren kann. Entscheide­nd wird für ihn sein, ob er bis zur Wahl in den Umfragen so zulegen kann, dass er zumindest als Nummer zwei in das von ihm gewünschte Duell mit FPÖ-Chef Herbert Kickl kommt.

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