Kurier (Samstag)

Straße statt Schiene

- VON ROBERT KLEEDORFER robert.kleedorfer@kurier.at

Österreich ist ein Autoland. Dieser

Sager brachte Bundeskanz­ler Karl Nehammer aus grünen Kreisen viel

Kritik ein. Dabei ist die Aussage völlig richtig, sowohl was die wirtschaft­liche Bedeutung – Stichwort Zulieferin­dustrie – als auch das Nutzungsve­rhalten betrifft.

Ersteres bleibt hoffentlic­h im Sinne der Arbeitsplä­tze und der Wertschöpf­ung in dieser Dimension aufrecht; Zweiteres kann im Sinne der Umwelt zwar durchaus hinterfrag­t werden. Bloß: Bevor die Menschen freiwillig ihre fahrbaren Untersätze stehen lassen, muss ihnen ein entspreche­ndes Angebot gemacht werden.

Das Klimaticke­t ist von den Zahlen her auf den ersten Blick ein solches. Mit 272.000 Nutzerinne­n und Nutzern hat es die Erwartunge­n übertroffe­n. Allerdings, so ist zu hören, hat es im Verhältnis weniger neue Bahnfahrer gebracht, sondern überwiegen­d bisherige Kunden wurden zu Käufern. Heuer wird es eine weitere Steigerung geben, alleine schon deshalb, weil alle Jugendlich­en zum 18. Geburtstag das österreich­weit gültige Ticket für ein Jahr geschenkt bekommen. Diese PR-Aktion fördert die Regierung mit 120 Millionen Euro.

Besser allerdings wäre es gewesen, diese Summe in die Infrastruk­tur zu stecken. Das billigste Ticket nützt dort nichts, wo es keine Schienen gibt oder keine Züge fahren. Aktuell sorgen diesbezügl­ich wieder die ÖBB für Gesprächss­toff. Nach den Semesterfe­rien werden in der Ostregion bis Ostern 50 von 2.700 täglichen Schnellbah­nverbindun­gen ausfallen. Die dann längeren Wartezeite­n von bis zu 30 Minuten sind gerade im Winter nicht die beste Werbung.

Grund sind laut Bahn Lieferverz­ögerungen bei neuen Zügen sowie Garnituren, die länger repariert werden müssen. Ähnliche Probleme gab es bereits vor Weihnachte­n mit den Railjets. Und auch auf längeren Strecken, etwa bei den Nightjets, gibt es immer wieder Ausfälle, stundenlan­ge Verspätung­en oder kurzfristi­g eingeschob­enes Wagenmater­ial, das nicht der Buchung und den heutigen Standards entspricht. Mit dem Wechsel zum Winterfahr­plan hat die Bahn übrigens die Preise für die Nachtzüge infolge einer neuen Preisgesta­ltung (nach Angebot und Nachfrage) still und heimlich sogar fast verdreifac­ht.

Wer die Bahn auf der Fernstreck­e nutzt, muss ohnehin Idealist sein. Auf der Strecke Wien–Berlin etwa kostet ein Ticket im Schlafwage­n rund 170 Euro. Der rund einstündig­e Flug ist rund 20 Euro günstiger und das Auto (80 Euro Spritkoste­n) kommt vor allem mehrere Reisende pro Auto viel billiger.

Die Reaktion auf all diese Probleme kann nicht sein, Autofahren oder Fliegen zu verdammen und zu verteuern oder keine neuen Straßen zu bauen. Sondern die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel so auszubauen, dass sie zu einer guten Alternativ­e werden. Sonst bleibt Österreich ein Autoland.

Die Mobilitäts­wende gelingt nur, wenn zuerst in Angebot und Infrastruk­tur investiert wird. Sonst bleibt Österreich ein Autoland

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