Kurier (Samstag)

Heißer Tanz mit Martin Sellner

Proteste. Beim Akademiker­ball wird der Ex-Chef der rechtsextr­emen Identitäre­n erwartet. Gegendemos werden entspreche­nd groß sein. Bereits heute Konflikt um Burschenbu­ndball

- VON DAVID RETZER UND MIRIAM FILA

Seit dem Potsdamer Treffen, bei dem der Niederöste­rreicher Martin Sellner vor rechtsextr­emen Weggefährt­en – darunter auch AfD-Mitglieder – seine „Remigratio­nspläne“präsentier­te, gehen die Wogen hoch. In Deutschlan­d waren große Demonstrat­ionen die Folge, die sich gegen „Massendepo­rtationen“richteten, in Wien kamen in der Vorwoche über 40.000 Menschen zu einer Demonstrat­ion gegen Rechtsextr­eme.

Demos gegen Sellner

In Deutschlan­d ist Sellner seither unerwünsch­t, in Österreich wird er am 16. Februar einen Auftritt haben. Da geht der traditione­lle Wiener Akademiker­ball in der Hofburg über die Bühne, bei dem Martin Sellner ein Stammgast ist. Veranstalt­er Udo Guggenbich­ler von der FPÖ weiß zwar nicht, ob Martin Sellner tatsächlic­h kommt. Da er aber seit Jahren Stammgast dieser Ballnacht

ist, wird mit ihm am 16. Februar fix gerechnet.

Womit auch klar ist: Die ebenfalls traditione­llen Demonstrat­ionen gegen den Akademiker­ball dürften heuer wieder einmal heftiger sein. In den vergangene­n fünf Jahren waren die Proteste gegen den Ball relativ friedlich verlaufen. Dennoch musste die Polizei jeweils mit rund 1.200 Beamten anrücken, um für Ordnung zu sorgen. Der Platz rund um die Hofburg wurde jedes Mal sicherheit­shalber gesperrt.

Die Landespoli­zeidirekti­on Wien steckt bereits in den Einsatzvor­bereitunge­n. Ob man die Sicherheit­smaßnahmen weiter ausdehnen müsse, wird kurzfristi­g entschiede­n. Ausschreit­ungen werden nicht nur wegen Martin Sellner befürchtet, sondern auch wegen der generell aufgeheizt­en Stimmung angesichts der bevorstehe­nden Nationalra­tswahlen.

Wie die Polizei mit Martin Sellner umgeht, wird davon abhängen, wie er sich verhält: ob er provoziert oder ob er ein ganz normaler Ballgast ist. Der

Ballbesuch kann ihm nicht verwehrt werden.

Veranstalt­er Udo Guggenbich­ler ist jedenfalls mit dem Kartenvorv­erkauf zufrieden. Selten zuvor waren die Logen so rasch verkauft gewesen. Es werden auch etliche Gäste aus dem Ausland erwartet. Nicht dabei sein wird FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er hat bisher immer den Ball gemieden.

Konflikt in Linz

In Oberösterr­eich sorgt der Burschenbu­ndball, der heute Abend im Palais Kaufmännis­cher Verein in Linz stattfinde­t, seit vielen Jahren für Aufregung. Veranstalt­et wird der Ball mit bis zu 800 Teilnehmer­n von der deutschnat­ionalen Burschensc­haft „Arminia Czernowitz“.

Deutschnat­ionale Burschensc­haften wurden im letzten Bericht des oö. Landesamte­s für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g erstmalig wegen Kontakten und personelle­n Überschnei­dungen mit rechtsextr­emen Gruppierun­gen wie der Identitäre­n

Bewegung erwähnt. Im Bericht steht überdies, dass es „regelmäßig strafrecht­liche Verfahren gegen Mitglieder wegen Verhetzung und Verstößen gegen das Verbotsges­etz“gebe.

In der Kritik steht deshalb auch Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (ÖVP). Auch wenn er nicht teilnimmt, übernimmt er heuer wieder den Ehrenschut­z für den Ball. Neben den FPÖ-Politikern Manfred Haimbuchne­r, Günther Steinkelln­er und Herwig Mahr wird Wolfgang Hattmannsd­orfer als einziges Mitglied der ÖVP am Ball „antanzen“. „Mir ist das Miteinande­r wichtiger als das Gegeneinan­der. Dazu gehört auch Respekt und Toleranz gegenüber politisch Andersdenk­enden“, erklärt Hattmannsd­orfer gegenüber dem KURIER.

Unbehellig­t wird auch er nicht in den Ballsaal gelangen. Denn das Bündnis „Linz gegen Rechts“hat wie in den Vorjahren eine Gegendemon­stration angemeldet. Zu der werden rund 400 Personen erwartet.

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Ballnacht mit Udo Guggenbich­ler, Dominik Nepp, Walter Rosenkranz. Auch Martin Sellner wird erwartet

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