Kurier (Samstag)

Sind Semesterfe­rien noch zeitgemäß?

PRO&CONTRA

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Struktur ist prinzipiel­l kein Fehler. Und wenn es um Kinder geht, schon gar nicht. Sind sie schulpf lichtig, haben sie sich durch den grauen Herbst gekämpft, sich motivation­stechnisch durch die Vorweihmal nachtszeit gehievt – dann war Pause, wohlverdie­nt. Aber direkt danach stiegen Pädagoginn­en und Pädagogen schon wieder aufs Gas, es regnete Schularbei­ten, Tests, Hausübunge­n, Referate und Wiederholu­ngen. Jänner und Februar haben es leistungst­echnisch in sich. Die Abende am Schreibtis­ch werden länger, in der Früh kommen alle immer noch später aus dem Bett und aus dem Haus.

So wie manche Erwachsene die Wochenmitt­e freudig begrüßen und den „Schnittwoc­h“ausrufen – jener Tag, an dem die Woche durchgesch­nitten wird –, so teiSchüler­innen len und Schüler ihr Schuljahr im Februar: Yeah, die erste Hälfte ist bereits geschafft! Viele Familien nutzen die Semesterfe­rien für einen gemeinsame­n Skiurlaub, andere fahren orthin, wo es schon ein bisschen wärm er ist, und wieder andere bleiben daheim. Was allen gemeinsam ist: Sie entspannen, tanken auf, sammeln Kräfte für die zweite Hälfte.

Wenn es schon zwei Semester gibt, macht es strukturel­l Sinn, diese beiden Brocken durch Ferien zu trennen. Schafft Überblick, schenkt Hoffnung, wenn die Puste auszugehen droht, und nimmt kurz die Geschwindi­gkeit aus dem stressigen Alltag. Daran ist wirklich gar nichts falsch. Claudia Stelzel-Pröll ist Redakteuri­n in der OÖ-Redaktion des KURIER und Mama von drei schulpf lichtigen Töchtern (12, 10, 6 J.).

Die Energiefer­ien wurden 1974 erfunden, als Reakdiebew­enn tion auf die Ölpreiskri­se – man wollte Heizöl sparen. Heute nennt man die freie Woche im Februar Semesterfe­rien, und se sind paradoxerw­eise eine sonders energieint­ensive Zeit, sich Tausende im Wochentakt in den Urlaub begeben. Den Wintertour­ismus freut’s.

Weniger Freude haben berufstäti­ge Menschen mit der Ferienf lut im österreich­ischen Schulplan. Genau 20 Schultage nach den 16-tägigen Weihnachts­ferien ist schon wieder für neun Tage frei (für Westösterr­eicher später), bevor dann am 23. März wieder die Osterferie­n beginnen. Über das Schuljahr sind es zusammen 14 Wochen Ferien (Fenstertag­e und schulauton­ome Tage noch nicht mitgerechn­et), in denen die Betreuungs­pflichten von den Familien jongliert, organisier­t und irgendwie gestemmt werden müssen. Schwierig vor allem deshalb, weil der Durchschni­ttsangeste­llte in Österreich nur fünf Wochen Urlaub m Jahr hat.

Problemati­sch sind also nicht ieF ebruar-Ferien an sich – schön, wenn zwischen den Semestern Pause ist –, sondern das Schul-Ferien-Verhältnis insgesamt. Wir brauchen Arbeitskrä­fte und wollen, dass vor allem Frauen ihr eigenes Geld verdienen und nicht in die Abhängigke­it der Familie fallen. Wir haben aber keine Antwort darauf, wie fünf Wochen Urlaub mit 14 Wochen Ferien zusammenge­hen. Von zu wenigen Ganztagssc­hulen mal völlig abgesehen.

Sandra Baierl leitet das JOB-Ressort und hat eine 5-jährige Tochter, die nächste Woche (trotz Ferien) gerne in den Kindergart­en geht.

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