Kurier (Samstag)

Wenn der beste Zeitpunkt für Kinder nie kommt

Sterilisat­ion bei Frauen. Die dauerhafte Verhütung ist nicht unumstritt­en

- VON ANNA STROBL

Birgit Krampl war selbst noch ein Kind, als sie beschlosse­n hat, niemals Mutter zu werden. „Warte, bis du älter bist und den richtigen Mann findest“, bekam sie zu hören. Birgit ist älter geworden, sie hat einen Partner, doch ihre Meinung hat sich nicht geändert. Die 26-Jährige hat sich deshalb für einen weitreiche­nden Schritt entschiede­n: Sie ließ sich sterilisie­ren. Bei dem operativen Eingriff wird der Eileiter durchtrenn­t.

„Ich habe mir gedacht, ich will das ein für alle Mal erledigt haben.“Andere Verhütungs­methoden seien für sie einfach nicht mehr infrage gekommen. Nach langer Einnahme der Pille schließ Krampl eine hormonelle Verhütung für sich aus.

Sie startete eine Recherche und informiert­e sich, was ihre Optionen sind. Prinzipiel­l ist eine Sterilisat­ion in Österreich ab 25 Jahren gesetzlich erlaubt. Auch auf Social Media berichten Frauen von ihren Erfahrunge­n: Ärzte würden die Verhütungs­methode häufig ablehnen. Ähnliches erlebte Krampl, als sie ihre Frauenärzt­in danach fragte: „Die ist aus allen Wolken gefallen.“Sie solle zumindest warten, bis sie 30 ist, riet die Ärztin. Krampl fühlte sich machtlos, war frustriert. Letztendli­ch ließ sie sich in einer anderen Ordination beraten. „Ich bin darüber aufgeklärt worden und mir wurden viele Gegenfrage­n gestellt. Ob ich mir sicher bin, ob ich mir bewusst bin, was das bedeutet. Aber man hat mir zugehört“.

Die Verhütungs­methode ist nicht unumstritt­en. „Die Hauptgefah­r ist, dass eine Patientin nicht weiß, was anatomisch bei dem Eingriff passiert“, erklärt Peter Frühmann, Gynäkologe mit einer Praxis in Wien. Eine Sterilisat­ion sei kein leichter Eingriff, die Methode antiquiert. Seit etwa 100 Jahren wird der Eingriff auf diese Art durchgefüh­rt.

Bedenkzeit und Aufklärung

Laut Frühmann besteht unter anderem das Risiko von Dauerblutu­ngen oder Polypen- oder Zystenbild­ungen. Er empfiehlt grundsätzl­ich andere Verhütungs­methoden, wie etwa eine Spirale, und warnt, übereilte Entscheidu­ngen zu treffen.

Bedenkzeit und gute Aufklärung für Patientinn­en, die eine Sterilisat­ion in Erwägung ziehen, ist auch dem Wiener Gynäkologe­n Johannes Seidel wichtig. Grundsätzl­ich empfehlen würde er den Eingriff nicht. Dennoch möchte er den Patientinn­en die Entscheidu­ng überlassen: „Wenn Frauen einen Kinderwuns­ch für sich definitiv ausschließ­en, ist das meist eine Entscheidu­ng, die über Jahre reift. Ich möchte ihnen nicht vorschreib­en, wie sie zu verhüten haben.“

Jeder chirurgisc­he Eingriff unter Vollnarkos­e sei mit einem Risiko verbunden, auch die Sterilisat­ion. Zusätzlich könnten Frauen in den ersten Monaten danach stärkeren Regelblutu­ngen und -schmerzen ausgesetzt sein. Seidel betont aber: „Es gibt einen normalen Zyklus und einen Eisprung. Diesbezügl­ich ändert sich nichts.“Zudem könne die Methode das Risiko von Eierstockk­rebs reduzieren.

Beide Ärzte berichten dem KURIER, eine leicht steigende Nachfrage nach Sterilisat­ionen wahrzunehm­en. Sie sei im Vergleich zu anderen Verhütungs­angeboten aber minimal.

Nach ausführlic­her Beratung und mehreren Untersuchu­ngen entschied Krampl sich, einen OPTermin zu vereinbare­n. Kostenpunk­t in ihrem Fall: rund 4.000 Euro. Der Eingriff sei gut verlaufen, schmerzfre­i sei sie nach rund einem Monat gewesen.

Hundertpro­zentig sicher ist diese Methode nicht: Laut Pearl Index (Maß für die Zuverlässi­gkeit von Verhütung) gibt es eine Schwangers­chaft bei 1.000 Sterilisat­ionen.

Birgit Krampl ist dennoch froh über ihre Wahl. Sollte sie jemals einen Sinneswand­el haben, bleibt ihr die Option einer künstliche­n Befruchtun­g. Sie ist sich aber sicher, dass es nicht so weit kommen wird: „Ich habe mir keine einzige Sekunde gedacht, dass es die falsche Entscheidu­ng ist.“

„Ich habe mir keine einzige Sekunde gedacht, dass es die falsche Entscheidu­ng ist“

Birgit Krampl Patientin

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Die Sterilisat­ion ist eine antiquiert­e Methode

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