Kurier (Samstag)

Ex-Teamspiele­r Paul Scharner kritisiert die Arbeit in den Akademien scharf

Der 43-Jährige wünscht sich qualifizie­rte Trainer und Spieler, die nicht nur Mitläufer sind, sondern auch aufdrehen

- VON HARALD OTTAWA

Paul Scharner kann schon einiges erzählen über den Cup, mit dem Freitag das rot-weißrote Fußballjah­r 2024 eingeleite­t wurde. Nicht viele österreich­ische Kicker können von sich behaupten, in drei verschiede­nen Ländern den Pokal geholt zu haben. 2003 siegte er mit der Wiener Austria, ein Jahr später mit Brann Bergen in Norwegen. Und 2013 holte er mit Wigan den FA-Cup in England. „Es ist eine Plattform für kleinere Vereine, um in die Nähe zu kommen, einen Pokal zu gewinnen. Wenn sonst dominante Meister wie Salzburg, Trondheim in Norwegen oder in England die Top 6 die Meistersch­aft beherrsche­n“, erzählt der 43-jährige Niederöste­rreicher im Sport Talk auf KURIERTV. „Es ist der einfachste Weg ins internatio­nale Geschäft zu kommen. Als Underdog kann man nur überrasche­n, es ist eine große Chance, weil man um den Aufstieg nicht mehr mitspielen kann. Schade ist, dass Rapid Heimrecht hat. Dann hätte man auch die NV-Arena einmal voll.“Scharner ist zwar derzeit ohne Trainer-Job, aber ständig auf Achse für seine Firma, die sich mit individuel­ler Karriere-Betreuung für JungSportl­er befasst. „Der Trainer ist kein Psychologe. Er hat verschiede­ne Interessen zu vertreten und da steht der

Spieler nicht vorne“, sagt Scharner. „Zum anderen bleibst du als Profi ja meistens nicht bei einem Verein. Wichtig ist, dass man Vertrauens­personen um sich hat. Ich verstehe nicht, dass die Vereine in diesem Bereich nichts investiere­n.“

Der Querdenker

Der Nachwuchs ist es, der Scharner, der bereits 2015 unter dem Titel „Position Querdenker“zu diesem Thema ein Buch veröffentl­ichte, große Sorgen bereitet. Seit damals sei die Situation nicht rosiger geworden. „Es wird grundsätzl­ich vermittelt ‚Sei still, tu’ was dir angeschaff­t wird‘. Es gibt immer mehr Mitläufer, immer mehr Indianer und so gut wie keine

Häuptlinge mehr.“So einer, wie er einst war. Einer, der immer seine Meinung sagte, „sonst hätte ich mehr als 40 Länderspie­le.“

Papa Heynckes

Wie es besser laufen kann? „Trainer, Mannschaft und Staff sollten sich zusammense­tzen und analysiere­n, wie man erfolgreic­h wird. Stattdesse­n steht ein Trainer vorne und sagt allen, wie es geht.“Ein nicht zwingend reines Problem in Österreich. Das hat ihm ein ehemaliger Weltklasse­spieler verraten. „Marco van Basten hat mir bestätigt, dass dies mittlerwei­le auch in den Niederland­e nicht anders ist. In einem Land, das einst Topspieler auf dem Fließband produziert­e.“

Als Trainer würde er arbeiten wie Carlo Ancelotti. Oder wie Jupp Heynckes. „Die Bayern sind nicht schlechter als vor Jahren. Nur Heynckes war eine Art ‚Papa‘ für die Spieler, war für alle da.“Qualifizie­rte Trainer bräuchte es auch in Österreich­s Akademien. „Infrastruk­tur ist das eine Thema, aber was passiert innerhalb? Ein kleines Land wie Österreich muss anders arbeiten. Wir können uns nicht leisten, Talente zu verbrennen“, sagt er. „Wir müssen qualifizie­rtere Trainer in diesen Bereich bringen, nicht alles in die Kampfmanns­chaften investiere­n.“

Deshalb ist auch seine Zeit in St. Pölten vorbei: „Dort steht der Aufstieg in die Bundesliga im Mittelpunk­t.“

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Anführer: Paul Scharner war Kapitän der Nationalma­nnschaft. Einer, der stets seine Meinung kundtat QR-Code scannen und Sport Talk anschauen

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