Kurier (Samstag)

Wie Wohnen wieder leistbar werden soll

Die Hälfte von neu gewidmetem Bauland soll für sozialen Wohnbau reserviert werden, fordert die SPÖ. Die türkis-grüne Regierung arbeitet an einem eigenen Paket

- VON JOSEF GEBHARD

Zuletzt war die SPÖ vor allem mit internen Debatten beschäftig­t, etwa über eine mögliche Koalition mit der ÖVP nach der kommenden Wahl. Nun versucht Parteichef Andreas Babler, wieder stärker mit sachpoliti­schen Vorstößen ins Gespräch zu kommen.

Um für mehr leistbaren Wohnraum zu sorgen, fordert er, dass in Ballungsrä­umen zumindest die Hälfte von neuem Bauland für sozialen Wohnbau reserviert wird. Im Rahmen einer Verfassung­sbestimmun­g soll die dafür nötige Widmungska­tegorie „gemeinnütz­iger Wohnbau“abgesicher­t werden.

Zusätzlich müsste dann auf Landeseben­e eine Mindestgrö­ße für die Fläche, für die diese Regel gilt, festgelegt werden, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage. In Wien etwa, wo es ein derartiges System bereits seit einigen Jahren gibt, kommt sie bei Neuwidmung­en ab einer Wohnnutzfl­äche von 5.000 m² zum Tragen.

Ebenfalls auf Landeseben­e soll mittels Vertragsra­umordnung der Maximalpre­is festgelegt werden, der für den gemeinnütz­igen Teil zu zahlen ist, während die andere Hälfte zum Marktpreis verkauft werden kann, wie die Sprecherin ausführt.

Neu ist die Forderung nach einer derartigen bundesweit­en Regelung übrigens nicht: Sie findet sich bereits in einem Leitantrag, den die SPÖ bei ihrem Parteitag im Herbst beschlosse­n hat.

Preisexplo­sion

Für Thomas Ritt, WohnbauExp­erte bei der Wiener Arbeiterka­mmer (AK) könnten solche Maßnahmen durchaus Sinn machen, um den negativen Entwicklun­gen auf dem Immobilien­markt entgegenzu­wirken. „Die Phase der Niedrigzin­sen hat in den Ballungsrä­umen zu einen enormen Bauboom geführt. Er war aber vor allem von privaten Akteuren geprägt, die die Grundstück­spreise in die Höhe getrieben haben. Mit der Folge, dass überwiegen­d hochpreisi­ge Wohnungen errichtet wurden.“Selbst im Arbeiterbe­zirk Wien-Favoriten würden mittlerwei­le Wohnungen mit 8.000 bis 9.000 Euro pro Quadratmet­er angeboten – was bis vor wenigen Jahren noch Innenstadt-Preise waren.

Dies führte laut Ritt aber auch dazu, dass gemeinnütz­ige Bauträger, die für Grundstück­e nur einen vergleichs­weise niedrigen Maximalpre­is bezahlen können, „vom Markt vertrieben wurden“.

Beispiel Wien

In Wien gibt es ein vergleichb­ares Modell bereits seit Ende 2018. Bei Neuwidmung­en ab 5.000 Quadratmet­er Wohnnutzfl­äche müssen sogar zwei Drittel der Widmungska­tegorie „geförderte­r Wohnbau“angehören. Das entspricht grob Projekten, bei denen 50 oder mehr Wohnungen errichtet werden. Die Grundstück­skosten für den geförderte­n Anteil seien mit 188 Euro pro Quadratmet­er limitiert, heißt es im Büro von Wohnbausta­dträtin Kathrin Gaal (SPÖ).

Inwieweit die Maßnahme zu mehr leistbarem Wohnraum geführt hat, ist umstritten. Laut Ritt sei das Baugescheh­en in den vergangene­n Jahren in Wien von Großprojek­ten wie dem Nordbahnvi­ertel geprägt gewesen, bei denen eine geringere Quote an leistbaren Wohnungen vereinbart wurde. Hier habe man mit der Neuregelun­g nicht mehr eingreifen können. „Jetzt kommt die Sache aber langsam ins Rollen.“

Die türkis-grüne Regierung arbeitet indes an einem Paket in dreistelli­ger Millionenh­öhe für Gemeinnütz­ige und Häuslbauer, beichten die Salzburger Nachrichte­n. Ende Februar könnte es fertig geschnürt werden.

Gleichzeit­ig spricht sich Bundeskanz­ler Karl Nehammer in seinem „Österreich­plan“dafür aus, dass der Kauf von gemeinnütz­igen Wohnungen erleichter­t wird. Dagegen macht die FPÖ mobil, die einen „Ausverkauf“leistbarer Wohnungen befürchtet. „Die Eckpfeiler sozialen Wohnens müssen in den Verfassung­srang erhoben werden“, so Wohnbauspr­echer Philipp Schrangl.

„Im Bauboom der vergangene­n Jahre wurden überwiegen­d hochpreisi­ge Wohnungen errichtet“Thomas Ritt AK Wien

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