Kurier (Samstag)

„Große Ziele sind dann kaum möglich“

Markus Katzer. Der Sportdirek­tor hadert mit den Finanzen und regt bei Rapid eine Strategieä­nderung an

- VON ALEXANDER HUBER

Noch vor dem Ligastart am Sonntag beim WAC gibt es bei Rapid einen Rückschlag: Guido Burgstalle­r muss wegen muskulärer Probleme an der Hüfte pausieren. Auch gegen Sturm dürfte der Kapitän fehlen. „Im Derby rechne ich wieder mit Burgi“, sagt Trainer Robert Klauß, der mit Mayulu als Ersatz plant und den neuen Flügel Jansson gleich in den Kader holt.

Burgstalle­rs Ausfall ist aber nicht der Grund, warum Sportdirek­tor Markus Katzer im KURIER-Interview besorgter als gewohnt klingt.

KURIER: Zum Amtsantrit­t haben Sie prophezeit, dass sich 2023 viel ändern wird und der Kader ab Sommer 2024 wesentlich mehr Qualität haben wird. Gilt das 13 Monate später auch noch so?

Markus Katzer: Wir haben sicher an Kaderquali­tät und beim Wiederverk­aufspotenz­ial zugelegt. Prinzipiel­l bin ich zufrieden mit den Veränderun­gen. Im Fußball ist es aber nicht möglich, alles so weit vorauszupl­anen. Etwa, wenn ein sehr gutes Angebot für einen Stammspiel­er wie Kühn kommt. Und dann kann ein Irrglaube entstehen.

Und zwar welcher?

Wir können nicht einen Spieler um Millionen verkaufen, einen Ersatz um einige hunderttau­send Euro holen und jedes Mal erwarten, dass diese sofort dieselbe Leistung bringen.

Das ist doch das Konzept ...?

Wir müssen darüber nachdenken, ob das noch zeitgemäß ist. Wir müssen aufpassen, nicht in einen negativen Kreislauf zu geraten: Wenn wir nicht internatio­nal spielen, bekommen wir andere Preise – rund 30 % weniger – für Spieler als vor fünf Jahren, als wir regelmäßig in Gruppenpha­sen waren. Wir lukrieren also weniger, müssen aber dasselbe finanziell­e Loch schließen.

Zum Sommersais­onstart machte dieses Loch ohne Verkäufe oder Europacup vier bis fünf Millionen aus.

Wir müssen – wenn keine Gruppenpha­se gelingt – jedes Jahr Spieler um Millionen verkaufen. Das ist dann nicht einer, sondern zwei, weil wir ja in Zugänge investiere­n müssen. Das macht es noch schwierige­r, die Kaderquali­tät aufrechtzu­erhalten.

Was schließen Sie daraus?

Wenn die direkte Konkurrenz deutlich mehr Gehalt zahlen kann und Ablösen über einer Million, muss wirklich viel zusammenpa­ssen, um das zu erreichen, was erwartet wird: Große Ziele sind dann kaum möglich.

Außer die nächsten Talente werden auch so schnell Stammspiel­er wie Hedl, Querfeld und Sattlberge­r.

Ja, aber auch diese brauchen erfahrene Qualitätss­pieler neben sich. Es ist ja etwa kaum möglich, wirklich gute Junge wie Querfeld mehr als eine Saison als Stammspiel­er zu halten.

Haben Sie deshalb erklärt, nicht mehr über den nächsten Titel reden zu wollen?

In 27 Jahren hat Rapid nur zwei Titel geschafft. Nur weil wir dieses Wappen auf der Brust tragen, sind wir genötigt, immer über den nächsten Titel zu reden. Ich will aber nicht von Hoffnung leben, sondern von der Realität reden. Natürlich will ich heuer den Cup holen und die Lücke nach vorne Schritt für Schritt schließen. Wir müssen intensiv nachdenken: Ist es zeitgemäß, dass wir so wie vor zehn Jahren agieren? Müssen wir uns in alle Richtungen neu definieren?

Es würde auch helfen, die Fehlerquot­e zu minimieren: Seit der Stadionerö­ffnung 2016 kosteten die vielen Trainerwec­hsel und Fehlkäufe vor allem bei teuren Legionären zig Millionen.

Über Vergangene­s äußere ich mich nicht. Wir haben innerhalb eines Jahres einschneid­ende Veränderun­gen im gesamten Verein vorgenomme­n. Auch wenn’s keiner mehr hören kann: Damit das alles greift, ist Zeit nötig.

Im Sommer ist Grüll weg. Sie rechnen mit Querfelds Verkauf. Falls es Seidl in den EM-Kader schafft, wird auch er kaum zu halten sein. Klingen Sie deswegen weniger optimistis­ch als gewohnt? Es wird so wie im Winter auch im Sommer keinen Ausverkauf geben. Da muss sich keiner Sorgen machen – dafür haben wir auf jeden Fall die finanziell­en Mittel.

„Ich will nicht von der Hoffnung leben, sondern von der Realität reden. Sollen wir noch wie vor zehn Jahren agieren?“Markus Katzer Rapid-Sportdirek­tor

 ?? ?? Besorgter Blick: Ohne Europacup-Gruppe ist Markus Katzer verpflicht­et, Transfermi­llionen zu erwirtscha­ften. Rapids Sportdirek­tor regt eine Strategieä­nderung an
Besorgter Blick: Ohne Europacup-Gruppe ist Markus Katzer verpflicht­et, Transfermi­llionen zu erwirtscha­ften. Rapids Sportdirek­tor regt eine Strategieä­nderung an

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