Sorge vor Massenflucht: Kairo baut Zeltlager in Wüste
Das Lager soll Platz für 100.000 Menschen bieten. Offiziell dementiert Ägypten den Bau
Gazakrieg. Die Satellitenbilder zeigen Kräne und erste Teile einer Betonmauer; Bulldozer, die Trümmer wegräumen; Lkw, die Zelte bringen. Die Aufnahmen bestätigen, was der Gouverneur der ägyptischen Region Nordsinai zuletzt noch dementiert hatte: den Bau eines potenziellen Flüchtlingslagers für Palästinenserinnen und Palästinenser an der Grenze zum Gazastreifen, sollte Israel seine Bodenoffensive im Süden Gazas starten.
Medienberichten zufolge soll das Auffanglager auf einem etwa 21 Quadratkilometer großen Grundstück Platz für mehr als 100.000 Menschen bieten. Aktuell sitzen über 1,3 Millionen Palästinenser in Rafah in der Falle.
Seit knapp zehn Tagen sollen die Arbeiten bereits laufen. Um das Lager herum, weit entfernt von ägyptischen Siedlungen, soll eine sieben Meter hohe Betonmauer gebaut werden.
Das offizielle Dementi Ägyptens hat auch damit zu tun, Israel zur Bodenoffensive nicht „ermutigen“zu wollen. Seit dem Angriff der radikal-islamistischen Hamas am 7. Oktober fürchtet Kairo eine Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen Richtung Ägypten; ein Evakuierungsplan der israelischen Armee wurde zuletzt abgelehnt. UN-Angaben zufolge beherbergt Ägypten bereits neun Millionen Flüchtlinge – und das, obwohl das Land in einer extremen Schuldenkrise steckt und im nächsten Haushaltsjahr externe Finanzierungen in der Höhe von mindestens 41,5 Milliarden US-Dollar benötigt. Groß ist auch die Sorge, dass Terroristen der Hamas oder anderer militanter Gruppen, etwa des palästinensischen Islamischen Dschihads, unter den flüchtenden Zivilisten ins Land kommen könnten.
Längst bedroht der Krieg in Gaza den Nachbarschaftsfrieden: Ägypten soll laut Wall Street Journal sogar gedroht haben, seinen seit 1979 bestehenden Friedensvertrag mit Israel aufzukündigen, sollte es zu einer Vertreibung der Palästinenser aus Gaza kommen.