Kurier (Samstag)

Das Zittern vor der Schulzuwei­sung

Dieser Tage erfahren Eltern in Wien, auf welcher Volksschul­e ihr Kind einen Platz hat. 90 Prozent bekommen von der Bildungsdi­rektion gute Nachrichte­n – wenn auch nicht immer sofort

- VON UTE BRÜHL

Unter Eltern, deren Kinder heuer eingeschul­t werden, gibt es derzeit fast nur ein Thema: Hat der Sohn oder die Tochter einen Platz in der öffentlich­en Schule, die die Eltern als Erstwunsch angegeben haben, bekommen?

Immerhin: Neun von zehn Kinder dürfen tatsächlic­h auf die Wunschschu­le, heißt es aus der Bildungsdi­rektion Wien. Eine Entscheidu­ng, die bei Eltern entweder zu großer Erleichter­ung oder gar Panik führt, wie folgende Beispiele zeigen.

Vater Markus M. ist einer der Glückliche­n: Sein Sohn darf in die begehrte Ganztagssc­hule, die Erleichter­ung ist entspreche­nd groß. „Wir haben uns vorab sehr bemüht, sind zu Tagen der offenen Tür gegangen und haben lange mit der Direktorin geredet“, erzählt er. Bei der Schulanmel­dung im November hat er neben Arbeitspla­tzbestätig­ungen auch ein Motivation­sschreiben beigelegt und war an diesem Tag der Erste, der das entspreche­nde Formular abgegeben hat: Dass bei Bekenntnis „römisch-katholisch“stand, kommentier­te die Sekretärin mit „ sehr gut“.

Der Kindergart­enfreund des Sohnes hatte weniger Glück – er wohnt zu weit weg von der Wunschschu­le. Wer welchen Platz bekommt, hat heuer nicht die Direktion entschiede­n, sondern die Wiener Bildungsdi­rektion (s. u.) – in Wien gibt es ja im Gegensatz zu den meisten Bundesländ­ern keine wirklichen Schulspren­gel mehr. Die zentrale Zuteilung ist wohl der Tatsache geschuldet, dass der

Druck auf die Schulleitu­ngen, bestimmte Kinder zu nehmen, zu groß wurde.

Ein anderer Freund wurde von den Eltern gleich an einer Privatschu­le angemeldet. Die Eltern wohnen in einem Bezirk mit hohem Migrations­anteil und wollten ihr Kind nicht dort in die Schule geben. „400 Euro bezahlen sie im Monat für Schulgeld, Mittagesse­n, Frühbetreu­ung und Hort, der allerdings nur bis 14.30 Uhr geht. In zwei Jahren kommt der kleine Bruder dazu. Das sind 800 Euro im Monat, nicht jeder kann oder will sich derartige Summen leisten“, meint der Vater.

Doch noch privat

In eine Privatschu­le wollte Anna N. ihre Tochter eigentlich nicht schicken. Sie hat vor zwei Jahren erlebt, was es heißt, eine Schule zugeteilt zu bekommen, die man als

Brennpunkt­schule bezeichnet: „An dieser gibt es seit Jahren Klassen mit bis zu 100 Prozent Migranten, was nicht nicht per se das Problem ist – auch in den beiden anderen Schulen wäre der Migrantena­nteil hoch, doch die Eltern sind dort bildungsaf­fin.“

Was der Mutter Sorgen bereitete: „In einer Klasse, in der die Mehrheit der Kinder zunächst die Sprache lernen muss und bei denen die Eltern

nicht bei Hausübunge­n helfen können, haben wir unser Kind nicht gesehen. Keine Lehrkraft kann leisten, auf alle gleicherma­ßen einzugehen. Sie muss sich auf die Bedürftige­n konzentrie­ren.“

Bei der Zuweisung des Schulplatz­es hat sich Anna N. „sehr alleine gelassen gefühlt“, denn es gab keine Informatio­n darüber, warum diese erfolgte, und keine Möglichkei­t, dies zu hinterfrag­en. „Hätte ich meine Sorgen besprechen können, hätten wir uns vielleicht anders entschiede­n.“Doch so wurde es die Privatschu­le.

Zweiter Anlauf

Eine positive Erfahrung hat hingegen heuer Mutter Marie W. gemacht. Vor zwei Wochen hatte sie das Schreiben aus der Bildungsdi­rektion im Briefkaste­n: „Wir waren mit der uns zugewiesen­en Schule nicht sehr glücklich – vor allem, weil die Hortsituat­ion für uns als Eltern, die beide Vollzeit arbeiten, dort nicht optimal ist“, erzählt sie.

Sie hat umgehend bei der Abteilung Schülerstr­omlenkung der Bildungsdi­rektion angerufen – „die Dame dort hat mich beruhigt und gemeint, dass es immer wieder zu Verschiebu­ngen kommt und Plätze frei werden“. Dennoch hat die Mutter zwei Wochen lang gezittert. Bis gestern – da bekam sie ein Mail: „Sie haben den Platz in ihrer Wunschschu­le erhalten.“

 ?? ?? Die Einschulun­g ist nicht nur für die Kinder aufregend, sondern auch für die Eltern – die wünschen sich für ihren Sohn oder ihre Tochter natürlich eine möglichst gute Schule
Die Einschulun­g ist nicht nur für die Kinder aufregend, sondern auch für die Eltern – die wünschen sich für ihren Sohn oder ihre Tochter natürlich eine möglichst gute Schule

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