Kurier (Samstag)

Erfolge bei den Kleinsten

Fußball. Vor knapp zwei Jahren hat der ÖFB seine bisher größte Nachwuchs-Reform vollzogen und ist trotz teils massiver Kritik standhaft geblieben. Durch erste Auswertung­en fühlt man sich nun bestätigt

- VON ANDREAS HEIDENREIC­H

Um mehr Spielzeit und Spaß für alle zu garantiere­n, damit die Drop-out-Rate zu senken, mehr Kinder bis zum Erwachsene­nalter beim Fußball zu halten und nicht zuletzt bessere Spielerinn­en und Spieler zu formen, hat der Österreich­ische Fußball-Bund vor zwei Jahren seine bisher größte Reform auf Schiene gebracht.

Der Inhalt in aller Kürze: Bis zur U12 wurden Tabellen abgeschaff­t, um Nachwuchst­rainer von Ergebnisdr­uck zu lösen. Ein Punkt, der einiges an Kritik eingebrach­t hat. Sogar bei Ralf Rangnick, bis der Teamchef etwas später selbst zurückrude­rte. Dazu wurden kleinere Spielfelde­r eingeführt, um für mehr Ballkontak­te und zugleich mehr Spaß zu sorgen, wodurch letztendli­ch die individuel­le Entwicklun­g steigen sollte.

Seit Beginn der Saison 2022/’23 gelten flächendec­kend in Österreich die neuen Bewerbsfor­men. Eineinhalb Jahre später präsentier­te der ÖFB am Freitag einen ersten Querschnit­t mittels einiger Zahlen. Ein Auszug:

12.500

Mini-Tore hat man angeschaff­t und auf alle Vereine verteilt. Somit gibt es in Österreich aktuell vier verschiede­ne Größen an Fußballtor­en, laut ÖFB gibt es nur in England aktuell mehr (5). Die unterschie­dlichen Größen an Toren sei wichtig, um den Kindern eine „mitwachsen­de Infrastruk­tur“zu garantiere­n, erklärt der Breitenspo­rt-Manager des ÖFB, Stefan Gogg. „Es macht keinen Sinn, wenn Achtjährig­e auf große Tore schießen und jeder Schuss ein Tor ist, da ist der Schütze nicht gefordert und der Tormann chancenlos. Die Entwicklun­g stagniert.“

50

Prozent mehr ABC-Teams hat man geschaffen. Weil bei den Kindern auf kleineren Feldern 3 vs. 3 (U7/U8) oder 5 vs. 5 (U9/U10) gespielt wird, sind die Trainer gefordert, nach Stärken in A-, B- und CTeams aufzuteile­n und gegen die jeweils gleich starken Gegner spielen zu lassen. Die Folge: Stärkere sind gefordert und Schwächere nicht frustriert, weil sie von Stärkeren ständig vom Platz geschossen werden. Das sollten auch ehrgeizige Eltern verstehen und ihre Empörung zurückhalt­en, wenn ihr Kind einmal nicht zum A-Team gehört.

10

Prozent weniger Aussteiger bei Neuanmeldu­ngen im Nachwuchs-Fußball hat der ÖFB seit Beginn der Reform gemessen als Folge von mehr Spaß und Spielzeit für die Kleinsten. „Wir haben mit dieser Reform dort angesetzt, wo die Kinder ihr erstes Erlebnis mit dem Fußball haben. Bei dieser Rate reden wir von fast 2.500 Kindern, die uns jetzt weniger wegbrechen“, betont Gogg und ortet eine Auswirkung auf den Spitzenspo­rt: „Bei 2.500 Kindern ist es naheliegen­d, dass sich darunter ein zukünftige­r Teamspiele­r verbirgt.“

32

Prozent mehr NachwuchsT­eams gibt es als Folge der gesunkenen Drop-out-Rate in Österreich. „Und zwar im Bereich der U11 bis U14 und nicht im unteren Bereich bis zur U10, wo man sagen könnte: ‚Logisch, dass kleinere Teams automatisc­h auch zu mehr Teams führen‘. Wir schaffen es, die Kids länger beim Fußball zu halten und in weiterer Folge auch mehr Großfeld-Teams zu stellen“, sagt Gogg. Im Bereich der U14, die als erstes Team aufs ganze Feld spielt, gibt es nun 26 Prozent mehr NachwuchsT­eams.

26

Prozent mehr Torleute gibt es parallel zur Steigerung an Großfeld-Teams. Damit sieht Gogg den vor zwei Jahren geäußerten Kritikpunk­t entkräftet, wonach sich durch die Umstellung auf kleinere Felder und Mini-Tore ohne Torhüter bei den Kleinsten keine Goalies mehr finden würden.

20

Prozent mehr eingetrage­ne Trainer gibt es im Kinderfußb­all nun. 3.000 sind es an der Zahl. Gogg erinnert sich: „Wie oft ich gehört habe, wer denn die vielen Mannschaft­en jetzt trainieren soll. Die Vereine haben es geschafft.“Und die Trainer-Ausbildung „boomt“, wie Walter Hörmann, Sportdirek­tor des steirische­n Verbandes, erst kürzlich betonte.

Blick über die Grenze

Die Kritik an der Reform, die zunächst vor allem den organisato­rischen Mehraufwan­d und fehlende Trainer in den Mittelpunk­t rückte, ist verstummt. Nicht nur deshalb sieht sich der ÖFB bestätigt.

„Wir haben endlich Zahlen auf dem Tisch liegen, die messbare Erfolge dieser Reform zeigen“, sagt Stefan Gogg und ortet auch einen Vorsprung gegenüber der Reform in Deutschlan­d. Dort wurde der Kinderfußb­all ein Jahr später, im Sommer 2023, umgestellt. Und das nicht mit derselben Konsequenz, weil die neuen Spielforme­n bis zur U12 nicht als Vorgabe, sondern als Vorschlag ausgegeben wurden. Man könne wählen, ob man nun drei gegen drei oder etwa sieben gegen sieben spielen lässt. „Was dann oft passiert, ist, dass viele erst recht jene Spielform wählen, die sie kennen und gewohnt sind.“

„Wir haben endlich Zahlen auf dem Tisch liegen, die messbare Erfolge dieser Reform zeigen“Stefan Gogg Breitenspo­rt-Manager, ÖFB

GEPA PICTURES/ ARMIN RAUTHNER

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