Erfolge bei den Kleinsten
Fußball. Vor knapp zwei Jahren hat der ÖFB seine bisher größte Nachwuchs-Reform vollzogen und ist trotz teils massiver Kritik standhaft geblieben. Durch erste Auswertungen fühlt man sich nun bestätigt
Um mehr Spielzeit und Spaß für alle zu garantieren, damit die Drop-out-Rate zu senken, mehr Kinder bis zum Erwachsenenalter beim Fußball zu halten und nicht zuletzt bessere Spielerinnen und Spieler zu formen, hat der Österreichische Fußball-Bund vor zwei Jahren seine bisher größte Reform auf Schiene gebracht.
Der Inhalt in aller Kürze: Bis zur U12 wurden Tabellen abgeschafft, um Nachwuchstrainer von Ergebnisdruck zu lösen. Ein Punkt, der einiges an Kritik eingebracht hat. Sogar bei Ralf Rangnick, bis der Teamchef etwas später selbst zurückruderte. Dazu wurden kleinere Spielfelder eingeführt, um für mehr Ballkontakte und zugleich mehr Spaß zu sorgen, wodurch letztendlich die individuelle Entwicklung steigen sollte.
Seit Beginn der Saison 2022/’23 gelten flächendeckend in Österreich die neuen Bewerbsformen. Eineinhalb Jahre später präsentierte der ÖFB am Freitag einen ersten Querschnitt mittels einiger Zahlen. Ein Auszug:
12.500
Mini-Tore hat man angeschafft und auf alle Vereine verteilt. Somit gibt es in Österreich aktuell vier verschiedene Größen an Fußballtoren, laut ÖFB gibt es nur in England aktuell mehr (5). Die unterschiedlichen Größen an Toren sei wichtig, um den Kindern eine „mitwachsende Infrastruktur“zu garantieren, erklärt der Breitensport-Manager des ÖFB, Stefan Gogg. „Es macht keinen Sinn, wenn Achtjährige auf große Tore schießen und jeder Schuss ein Tor ist, da ist der Schütze nicht gefordert und der Tormann chancenlos. Die Entwicklung stagniert.“
50
Prozent mehr ABC-Teams hat man geschaffen. Weil bei den Kindern auf kleineren Feldern 3 vs. 3 (U7/U8) oder 5 vs. 5 (U9/U10) gespielt wird, sind die Trainer gefordert, nach Stärken in A-, B- und CTeams aufzuteilen und gegen die jeweils gleich starken Gegner spielen zu lassen. Die Folge: Stärkere sind gefordert und Schwächere nicht frustriert, weil sie von Stärkeren ständig vom Platz geschossen werden. Das sollten auch ehrgeizige Eltern verstehen und ihre Empörung zurückhalten, wenn ihr Kind einmal nicht zum A-Team gehört.
10
Prozent weniger Aussteiger bei Neuanmeldungen im Nachwuchs-Fußball hat der ÖFB seit Beginn der Reform gemessen als Folge von mehr Spaß und Spielzeit für die Kleinsten. „Wir haben mit dieser Reform dort angesetzt, wo die Kinder ihr erstes Erlebnis mit dem Fußball haben. Bei dieser Rate reden wir von fast 2.500 Kindern, die uns jetzt weniger wegbrechen“, betont Gogg und ortet eine Auswirkung auf den Spitzensport: „Bei 2.500 Kindern ist es naheliegend, dass sich darunter ein zukünftiger Teamspieler verbirgt.“
32
Prozent mehr NachwuchsTeams gibt es als Folge der gesunkenen Drop-out-Rate in Österreich. „Und zwar im Bereich der U11 bis U14 und nicht im unteren Bereich bis zur U10, wo man sagen könnte: ‚Logisch, dass kleinere Teams automatisch auch zu mehr Teams führen‘. Wir schaffen es, die Kids länger beim Fußball zu halten und in weiterer Folge auch mehr Großfeld-Teams zu stellen“, sagt Gogg. Im Bereich der U14, die als erstes Team aufs ganze Feld spielt, gibt es nun 26 Prozent mehr NachwuchsTeams.
26
Prozent mehr Torleute gibt es parallel zur Steigerung an Großfeld-Teams. Damit sieht Gogg den vor zwei Jahren geäußerten Kritikpunkt entkräftet, wonach sich durch die Umstellung auf kleinere Felder und Mini-Tore ohne Torhüter bei den Kleinsten keine Goalies mehr finden würden.
20
Prozent mehr eingetragene Trainer gibt es im Kinderfußball nun. 3.000 sind es an der Zahl. Gogg erinnert sich: „Wie oft ich gehört habe, wer denn die vielen Mannschaften jetzt trainieren soll. Die Vereine haben es geschafft.“Und die Trainer-Ausbildung „boomt“, wie Walter Hörmann, Sportdirektor des steirischen Verbandes, erst kürzlich betonte.
Blick über die Grenze
Die Kritik an der Reform, die zunächst vor allem den organisatorischen Mehraufwand und fehlende Trainer in den Mittelpunkt rückte, ist verstummt. Nicht nur deshalb sieht sich der ÖFB bestätigt.
„Wir haben endlich Zahlen auf dem Tisch liegen, die messbare Erfolge dieser Reform zeigen“, sagt Stefan Gogg und ortet auch einen Vorsprung gegenüber der Reform in Deutschland. Dort wurde der Kinderfußball ein Jahr später, im Sommer 2023, umgestellt. Und das nicht mit derselben Konsequenz, weil die neuen Spielformen bis zur U12 nicht als Vorgabe, sondern als Vorschlag ausgegeben wurden. Man könne wählen, ob man nun drei gegen drei oder etwa sieben gegen sieben spielen lässt. „Was dann oft passiert, ist, dass viele erst recht jene Spielform wählen, die sie kennen und gewohnt sind.“
„Wir haben endlich Zahlen auf dem Tisch liegen, die messbare Erfolge dieser Reform zeigen“Stefan Gogg Breitensport-Manager, ÖFB
GEPA PICTURES/ ARMIN RAUTHNER