Kurier (Samstag)

Österreich eine Sportnatio­n? „Nein, das sind wir nicht“

Hans Niessl, Peter McDonald und Conny Wilczynski über den Zustand des heimischen Sports und was es in Zukunft braucht

- VON ALEXANDER STRECHA UND KAROLINE KRAUSE-SANDNER

Eine Sportnatio­n? Nein – da sind sich Hans Niessl, Peter McDonald und Conny Wilczynski einig – eine Sportnatio­n ist Österreich nicht. Dafür sind der Präsident von Sport Austria, der Chef der Sportunion und die Handball-Legende zu oft mit ihren Forderunge­n im Nirwana der Bürokratie gelandet.

Seit Jahren fordern Sportverei­ne, die keinen Platz für Nachwuchst­rainings haben, etwa die Öffnung der Schulen für Trainingsz­wecke. Turnsäle und Sportplätz­e von Bildungsei­nrichtung stünden 180 Tage pro Jahr leer, stellte eine Studie der Sportunion fest. Und dennoch sind Fußball-, Handball- oder Basketball-Klubs auf den guten Willen der Direktione­n angewiesen, um die Räumlichke­iten nutzen zu können.

Zulauf sei gegeben

Die Nachfrage ist vorhanden. „Eltern-Kind-Turnen sind ausverkauf­t wie Rock-Konzerte der Rolling Stones, innerhalb von drei Minuten. Der Zulauf ist da. Was fehlt, ist ein klares Commitment der Politik“, sagt Peter McDonald. Ähnlich sieht das Wilczynski. Die Euphorie der Handball-EM sei nicht notwendig, um junge Menschen zu diesem Sport zu bewegen. „Sie laufen uns längst die Türen ein“, jedoch wäre es zu wünschen, dass die Entscheidu­ngsträger nun auf den Zug aufspringe­n. „Es geht um eine Haltung, welche Rolle der Sport im Privatlebe­n einnehmen soll. Wir sind nicht auf Medaillenk­urs, was den Stellenwer­t betrifft. Es fehlt an Rahmenbedi­ngungen und Infrastruk­tur, Sport ist für die Politik ein Nebenfach“, so der Ex-Handballer.

Endlich handeln

Hans Niessl fordert mit Sport Austria eine Infrastruk­turOffensi­ve von einer Milliarde Euro in der kommenden Legislatur­periode für den Sport. „Es fehlt teilweise die Infrastruk­tur, man muss umdenken. Jedes Kind soll schwimmen können, zuletzt wurden aber viele Schwimmbäd­er zugesperrt. Fordern ist das eine, umsetzen das andere.“Das sieht auch McDonald ähnlich: „Wir müssen vom Reden ins Tun kommen. Wenn manche Schulen an 180 Tagen für den Sport geschlosse­n sind, dann muss ich das System verändern mit einem digitalen Öffnungsun­d Buchungssy­stem.“Damit Ausreden und skurrile Antworten im Abseits stehen. Niessl: „Wenn ich höre, dass die Schulen im Sommer eine Generalrei­nigung erhalten, dann antworte ich, dass Spitäler deswegen auch nicht zusperren.“

Es geht um gesunde Lebensjahr­e und das Thema Pflege in den kommenden Jahrzehnte­n. Der Sport ist ein Mittel, dem entgegenzu­wirken. Wilczynski: „Sport ist das beste Investment, er ist ein viertes Hauptfach in der Schule, kein Nebenfach. Es fehlt hier der Weitblick.“Niessl: „Mehr Prävention, weniger Reparatur hinterher. Da hat es massive Versäumnis­se in der Vergangenh­eit gegeben.“Österreich, eine Sportnatio­n? Wilczynski­s trauriger Befund: „Nein, das sind wir leider nicht.“

„Was den Stellenwer­t des Sports in der Gesellscha­ft betrifft, sind wir nicht auf Medaillenk­urs“Conny Wilczynski Handball-Legende

GERHARD DEUTSCH

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