Kurier (Samstag)

„Es sind immer Kinder dabei, die hauen“

Experte Kettemann über die EU-Regeln

- VON PATRICK DAX

Matthias C. Kettemann leitet das Institut für Theorie und Zukunft des Rechts der Universitä­t Innsbruck. Mit der EU-Gesetzgebu­ng zu digitalen Diensten und Märkten hat er sich als Herausgebe­r und Mitautor eines rechtliche­n Kommentars ausführlic­h befasst.

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KURIER: Wie wird das Gesetz über die digitalen Dienste das Internet in Europa verändern?

Matthias C. Kettemann: Die neuen Regeln verändern die Art und Weise, wie wir online sprechen und Meinungen äußern. Das ist gerade in einem Jahr, in dem viele Wahlen stattfinde­n, wichtig. Bisher konnten das die Plattforme­n, von einzelnen Ländern abgesehen, weitgehend selbst entscheide­n. Die EU ist zu einer Lösung gekommen, die mehr Rechte für Bürger und mehr Pflichten für die Plattforme­n bringt.

Für die großen Plattforme­n gelten die Regeln seit Ende August. Was hat sich bereits geändert?

Die Großen haben einige Verbesseru­ngen durchgefüh­rt. Sie müssen Löschungen, die sie vornehmen, in eine Datenbank einspeisen. Das ist ein neue Art von Transparen­z, die wir noch nie hatten. Der Wille, die Regeln zu befolgen, ist bei allen Plattforme­n da. Außer beim Kurznachri­chtendiens­t X. Es ist wie am Spielplatz: Es sind immer Kinder dabei, die hauen.

Ab März gilt für große Digitalkon­zerne auch das Gesetz für digitale Märkte. Bei der Vorbereitu­ng wird viel getrickst.

Dass es in der Praxis Herausford­erungen gibt, war zu erwarten. Die Konzerne versuchen, Schlupflöc­her zu finden. Vor allem Apple und Amazon, die den Markt stark monopolisi­ert haben, sind in einer herausford­ernden Rolle. Wir müssen aufpassen, dass es in der Praxis nicht zu Schutzlück­en kommt. Ich bin Optimist.

Die Regulierun­g wird greifen?

Keine Regulierun­g ist so gut wie die entspreche­nde Medienbild­ung. Wir müssen auch lernen, wie man sich online verhält und mit digitalen Inhalten umgeht. Das ist eine gesellscha­ftliche Aufgabe und gilt für jede Altersstuf­e. Eine Regelung kann noch so gut sein, es sind immer auch die Menschen gefordert, mitzumache­n.

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Matthias C. Kettemann forscht in Innsbruck zu Regeln der Macht in digitalen Räumen

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