Kurier (Samstag)

„Nachhaltig­keit ist nicht zum Fürchten“

TPA-Partnerin Karin Fuhrmann über Firmen, die jetzt mehr über ihre Auswirkung­en nachdenken – und warum das in Zukunft wettbewerb­sentscheid­end wird

- VON SANDRA BAIERL

Seit 1997 ist Karin Fuhrmann Partnerin bei TPA Österreich. Die Steuerbera­terin ist am liebsten operativ tätig: Sie kennt das Einmaleins der Immobilien­besteuerun­g genauso wie die Nachhaltig­keitsberic­htspflicht der Konzerne. Wir sprechen mit ihr über Unternehme­n und Klimaschut­z.

KURIER: Firmen und Nachhaltig­keit – manche kümmern sich darum, andere weniger. Wo stehen wir bei dem Thema?

Karin Fuhrmann: Jene, die schon tun müssen und tun mussten, sind aktiv. Also die großen, börsennoti­erten Unternehme­n. Wir selbst werden aber auch bald, so wie viele andere, unter die Berichtspf­licht fallen, ab 2025. Wir bereiten uns schon seit 2021 darauf vor.

Noch sind ja nicht alle Kriterien für die Berichtspf­licht fixiert.

Das stimmt, da warten wir noch. Etwa bei den Größenkrit­erien der Firmen. Und die österreich­ische lokale Umsetzung lässt auch auf sich warten. Intensiv angekommen ist das Thema aber bei all jenen Firmen, die ab 2025 berichten müssen.

Und zwar jetzt schon.

Da gibt es viele Überlegung­en, die man im Vorfeld anstellen muss. Vorbereitu­ngsarbeite­n, Wesentlich­keitsanaly­se, Kennzahlen, etc. Als wir das selbst 2021 erstmals gemacht haben, mussten wir uns mit völlig neuen Themen auseinande­r setzen. Etwa: Wie viel Müll produziere­n wir? Darüber haben wir vorher nicht nachgedach­t.

Das sind sehr konkrete Themen.

Ja, das ist ein ganzer Katalog mit Themen. Von Mitarbeite­rinitiativ­en bis zu Klimawande­l und CO2-Fußabdruck bis zu Governance, etwa, was tue ich gegen Korruption. Bei uns ist das noch dazu mit dem Energieeff­izienz-Audit zusammenge­fallen. Wir haben viel über uns selbst herausgefu­nden, inklusive strukturie­rter Risikoanal­yse. Insgesamt eine echt positive Erfahrung. Man muss sich nicht vor Nachhaltig­keit fürchten. Weil die

Unternehme­n haben viel – nur nicht strukturie­rt gesammelt.

Man macht es also auch für sich.

Ja. Und für die Banken, die zum Teil danach immer stärker fragen müssen. Für die Kunden, die das einfordern und wissen wollen, mit wem sie zusammenar­beiten. Für Mitarbeite­r, die es interessie­rt, was das Unternehme­n macht. Verschiede­ne Stakeholde­r legen verstärkt Wert darauf – in Zukunft sicher noch mehr.

Bei dem Thema schwingt aber immer noch viel Unsicherhe­it mit.

Beim Lieferkett­enthema gebe ich Ihnen recht, wobei die Deutschen schon ein staatliche­s Lieferkett­engesetz haben. Aber bei allen anderen Themen haben wir Standards. So haben sich etwa die Banken zusammenge­tan, um ihre Kriterien und Fragenkata­loge zu vereinheit­lichen.

Es gibt auch kleine Unternehme­n, die „freiwillig“grüner werden, Berichte verfassen und sich ESG-Kritierien auf die Fahnen schreiben.

Ja, weil sie es für ihre Kunden, Kapitalgeb­er und Mitarbeite­r tun. Der Vorteil ist, dass man durch diese Themen ein neues Selbstvers­tändnis bekommt. Eben auch für den Kapitalmar­kt und für Geldgeber. Wir unterschei­den in Zukunft zwischen grünen und braunen Unternehme­n – Letztere müssen mit Nachteilen auf vielen Ebenen rechnen.

Ist es im Verständni­s der Firmen angekommen, dass dieses Thema gekommen, ist, um zu bleiben?

Bei vielen ja, nicht bei allen. Die Firmen müssen sich ihre Auswirkung­en auf die Umwelt überlegen. Das ist neu für sie.

Trotzdem wird das Thema oft als Wettbewerb­snachteil gesehen.

Naja. Aus Schmetterl­ingsthemen werden bald entscheide­nde Themen. Bei der Energiefra­ge, woher wir das Gas nehmen, hat man auch lange nicht nachgedach­t. Ich denke: Einer muss anfangen, dann hat es Auswirkung­en. Wenn wir immer darauf warten, dass alle gleichzeit­ig etwas tun, wird das nie etwas.

 ?? ?? Karin Fuhrmann (TPA) ist Steuerbera­terin des Jahres 2015, 2017 und 2019
Karin Fuhrmann (TPA) ist Steuerbera­terin des Jahres 2015, 2017 und 2019

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