Kurier (Samstag)

Nur einer kann der Chef sein, oder vielleicht zwei?

Wie Doppelspit­zen funktionie­ren und warum es der Karriere von Frauen weiterhilf­t

- ROXANNA SCHMIT

Teamarbeit. Warum verdienen Frauen so wenig und warum ist in Führungset­agen von Frauen so gut wie keine Spur? Die häufigsten Antworten: Karenz und die daraus resultiere­nde Teilzeitar­beit. Konkrete Lösungsans­ätze sind schwer zu finden, aber Katharina Miller, Gründerin und Geschäftsf­ührerin der Plattform „Jobtwins“startet einen Versuch. Seit 2020 setzt sie sich dafür ein, dass das Jobsharing-Konzept als Arbeitszei­tmodell „anerkannt und etabliert wird“, steht auf ihrer Homepage. Aber was genau versteht man unter Jobsharing?

Was ist Jobsharing?

Die Frage beantworte­t Katharina Miller so: „Mit dem Konzept können sich zwei Menschen eine Jobrolle teilen.“Beispielsw­eise können so zwei Teilzeitar­beitende gemeinsam eine Vollzeitst­elle ausfüllen. „Diese zwei Personen

sind inhaltlich und voll verantwort­lich für eine Rolle zuständig.“

Das Konzept ist nicht neu. Auf Chefebenen bedient man sich der Idee schon länger. Dort nennt man es TandemFühr­ung oder Doppelspit­ze. Das Konzept sei also reichlich erprobt und die Vorteile auf der Hand liegen: „Gegenseiti­ges Fördern, Unterstütz­en und Weiterentw­ickeln gehen damit einher“, so Miller.

Auch für Unternehme­n nicht uninteress­ant. „Es ist immer jemand vom Team da und somit verkleiner­t sich das Ausfallsri­siko.“Außerdem könne man es relativ leicht in Firmen umsetzen. „Jobsharing ist einfacher einzuführe­n als eine Vier-Tage-Woche“, ist Katharina Miller sich sicher. „Es ist ein individuel­les Konzept, das Menschen zur Verfügung gestellt wird, die es auch brauchen und wollen.“In genau diese individuel­le Richtung würde sich die

Arbeitswel­t künftig ohnehin entwickeln. „Das One-sizefits-all werden wir in Zukunft nicht mehr haben“, so Miller. „Und für Arbeitgebe­r ist das Einführen von Job-Duos nur ein minimaler administra­tiver Aufwand.“Dass Jobsharing eine nachhaltig­e Lösung sein kann, steht für sie außer Frage. „Es ist ein Modell, das kurze Zeiträume überbrücke­n kann. Aber es kann auch über Jahrzehnte bestehen. Manche Duos arbeiten schon seit über zehn Jahren zusammen.“

Ein Vorteil für Frauen?

Profitiere­n würden vor allem Frauen von diesem Arbeitskon­zept. Nach der Karenz könnten sie zum Beispiel ihre Karriere im Teilzeitmo­dell weiterführ­en. Jobsharing könnte aber auch die Karrieren junger Frauen ankurbeln, besonders die von jungen Führungskr­äften. „Zu Beginn sind viele unsicher und trauen sich den Schritt ins Management noch nicht richtig zu. Einige lehnen das Angebot sogar ab“, erklärt Miller. Die geteilte Verantwort­ung könnte da helfen: „So holt man sie leichter rein und kann sie später, wenn sie gefestigte­r sind, in die Vollzeitar­beit übergehen lassen.“

In ihren Augen gibt es keinen besseren Zeitpunkt für das Konzept als heute. Stichworte wie Fachkräfte­mangel, Teilzeit-Debatte und der demografis­che Wandel würden die Arbeitswel­t länger beschäftig­en – und New Work zur Norm werden. Das sei eines der Gründe, warum sie Jobsharing als die Arbeit der Zukunft betrachtet. Scheitern könne es nur an mangelnder Kommunikat­ion: „Viele glauben, dass man‚ einfach zwei Personen zusammensc­hnallt und losschickt. Aber man muss die Teams darauf vorbereite­n und viel Aufklärung­sarbeit leisten.“

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Wie zwei Teilzeitjo­bs zu einem Vollzeitjo­b werden können

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