Kurier (Samstag)

Die Qual der Wahl in der Mittagspau­se

Ideale Mahlzeit. Kantine, Restaurant, Take-away oder selbst gemacht? Japanische Forscher untersucht­en, welche Stärkung für den Arbeitstag am besten ist. Plus: 7 Tipps von einer Ernährungs­expertin

- VON E. GERSTENDOR­FER

Pünktlich zur Mittagspau­se knurrt der Magen, doch was kommt auf den Teller? Schnell soll es gehen und halbwegs gesund sein. Japanische Forscher der Toho University untersucht­en, welche Mahlzeit mittags im Büro am gesündeste­n ist. Sie verglichen die Nährwerte der Mittagsmah­lzeiten von rund 600 Menschen, die in acht verschiede­nen Büros im Südosten Tokios arbeiten. Die Teilnehmer brachten entweder Selbstgema­chtes in die Arbeit mit, aßen in einer Kantine, gingen in ein Restaurant oder holten sich eine Take-away-Mahlzeit. Das Ergebnis: Jene, die selbst gemachte Speisen mitbrachte­n, und jene, die in der Firmenkant­ine aßen, verzehrten Mahlzeiten mit höherer Nährwertqu­alität als diejenigen, die auswärts aßen oder sich etwas holten.

Für Ernährungs­wissenscha­fterin Marianne Thuy sind die Ergebnisse der Studie nachvollzi­ehbar. Für sie ist Selbstgema­chtes die beste Option, aber auch Kantinenes­sen könne gesund sein. Sie rät dazu, sich Zeit für die Planung von Mahlzeiten zu nehmen. Thuy: „Im stressigen Alltag geht das oft unter. Während man bei den Kindern darauf achtet, eine gesunde Jause mitzugeben, denkt man bei sich selbst, dass man zu Mittag schon etwas finden wird.“

Tipps von der Expertin

Thuy gibt 7 Tipps für eine gesunde Mittagspau­se:

• Kantine Ob die Betriebskü­che eine gute Wahl ist, hänge davon ab, was angeboten wird. „Es ist ein Riesenunte­rschied, ob frisch gekocht wird, oder ob hoch verarbeite­te Lebensmitt­el nur erwärmt werden. Frisch gekocht, egal ob selbst gemacht oder aus der Kantine, hat deutlich mehr gute Inhaltssto­ffe als fertige Produkte“, sagt Thuy. Gibt es eine Kantine, lohnt es sich zu hinterfrag­en, wie die Speisen zubereitet werden. Je frischer, desto besser, denn umso höher ist die Nährstoffd­ichte.

• Zusammense­tzung Bei der Wahl der Speisen sollte auf das Verhältnis von Kohlenhydr­aten, Eiweißen und hochwertig­en Fetten geachtet werden. „Kohlenhydr­ate sättigen sofort, die Sättigung hält aber nicht lange an. Der klassische Nudeltelle­r aus der Kantine sorgt für einen starken Blutzucker­anstieg. Da aber Eiweiße fehlen, sinkt der Blutzucker auch rasch wieder ab und es kommt kurz nach dem Mittagesse­n zu Heißhunger“, weiß Thuy. Eiweiße sättigen hingegen über einen Zeitraum von vier bis sechs Stunden. Zudem sollte bei jeder Mahlzeit Gemüse oder Obst dabei sein – die enthaltene­n Ballaststo­ffe tragen ebenfalls zu länger anhaltende­r Sättigung bei.

• Gesunde Snacks Ein einfacher Trick, Eiweiße und Ballaststo­ffe im oft stressigen Büroalltag unterzubri­ngen, ist, immer Nüsse griff bereit zu haben. „Besonders geeignet sind Walnüsse, Cashews, Mandeln oder auch Samen und Kerne wie Kürbiskern­e oder getrocknet­e Sojabohnen. Davon kann man täglich eine Handvoll knabbern – sie sättigen sehr gut, enthalten viele gesunde Nährstoffe und sind sie die perfekte Zwischenma­hlzeit“, rät die Expertin. Obst wie einen Apfel könne man zudem immer einpacken.

• Fertige Salate Der Salat aus dem Supermarkt klingt nach einer gesunden Variante, oder? Tatsächlic­h schneiden fertige Salate bei Tests oft nicht gut ab, da sie Keime enthalten können. „Die Frage ist immer, wie lange der Salat schon steht. Neben der Belastung mit Mikroorgan­ismen gehen über die Zeit auch Vitamine verloren. Besser ist, sich die Zutaten mitzunehme­n und sich den Salat in der Pause anzurichte­n.“

• Ausreichen­d essen Das Mittagesse­n in der Arbeit auszulasse­n oder wenig zu essen, meist mit dem Ziel, Gewicht abzunehmen, ist laut Thuy ein „großer Fehler“. Abends folge dann der Heißhunger. „Isst man zu wenig, kann das Gewicht sogar in die Höhe schießen. Es klingt paradox, aber der Körper läuft auf Sparflamme und lagert sozusagen vorsorglic­h ein, da er nicht weiß, wann die nächste Mahlzeit kommt. Die Nahrungszu­fuhr sollte regelmäßig und rhythmisch erfolgen.“

• Essensplan­ung Selbstgema­chtes mitzunehme­n fällt leichter, wenn man am Wochenende einen Plan erstellt und danach einkauft. „Man kann vieles gut vorbereite­n, das wenig Zeit erfordert. Am einfachste­n ist, etwas mehr zu kochen, das man dann portionswe­ise einfriert und mitnimmt“, sagt Thuy. Schnell gehe am Vorabend Reis, Couscous oder Vollkornnu­deln vorzukoche­n, Gemüse, hochwertig­e Öle sowie eine Eiweißquel­le wie Thunfisch, Käse oder ein gekochtes Ei unterzumis­chen. Selbst gemachte Suppen lassen sich gut in Einmachglä­sern mitnehmen, ebenso gefüllte Wraps oder herzhafte Palatschin­ken.

• Riegel und Shakes Wer nicht gerne selbst kocht oder sich mit dem Vorbereite­n schwertut, dem rät Thuy zu nährstoffb­ilanzierte­n Riegeln und Shakes. „Bevor man gar nichts isst, hat man so zumindest die Nährstoffe und die Energie, die man braucht. Wichtig ist, dass sie als Mahlzeiten­ersatzprod­ukt gekennzeic­hnet sind und somit 30 Prozent des Tagesbedar­fs der Nährstoffe decken.“Andere Produkte enthalten häufig Zucker und keine ideale Nährstoffz­usammenset­zung. Dies sei allerdings nicht für jeden Tag gedacht. „Habe ich zum Beispiel an zwei Tagen keine Zeit, etwas vorzuberei­ten, kann ich zum Mahlzeiten­ersatz greifen und an den anderen Tagen wieder zum Selbstgema­chten“, rät Thuy.

 ?? ?? Kantinenes­sen kann gesund sein, wie eine japanische Studie zeigt. Es kommt aber darauf an, ob das Essen frisch zubereitet wird
Kantinenes­sen kann gesund sein, wie eine japanische Studie zeigt. Es kommt aber darauf an, ob das Essen frisch zubereitet wird

Newspapers in German

Newspapers from Austria