Kurier (Samstag)

„Luziwuzi“im Rabenhof: Queer, galant – fulminant

Ruth Brauer-Kvams Revue mit Conchita

- SUSANNE ZOBL

Kritik. Schwarze Locken in einer Art Biedermeie­r-Look getürmt, schwarzer Vollbart, eine Robe in zartem Rosa, der Reifrock schwingt, die weiche, geschmeidi­ge Sopranstim­me betört mit ihren sanften Kolorature­n. Die Gestalt wirbelt über die Bühne, bezirzt ihren Eisenstein, entreißt ihm keck die Uhr. Eine Adele, von der man gern mehr sehen möchte.

Aber das spielt’s nicht. Denn im Rabenhof gibt’s nicht die „Fledermaus“, sondern „Luziwuzi – Ich bin die Kaiserin“, und der Ausflug zur Operette ist darin nur kurz. In der Titelrolle glänzt Tom Neuwirth, vor zehn Jahren als Song-Contest-Siegerin Conchita bekannt geworden, beim Schauspiel­debüt als Erzherzog Ludwig Viktor von Habsburg.

Sollten Sie von diesem Spross aus dem Hause Habsburg noch nichts gehört haben, ist das kein Makel. „Luziwuzi“, wie der jüngste Bruder von Kaiser Franz Joseph genannt wurde, ist weitgehend aus der Historie gecancelt worden. Denn er war homosexuel­l. Das wurde so lange geduldet, bis die Presse von einem Eklat in einer Badeanstal­t berichtete. Die Verbannung nach Salzburg folgte, Ludwig Viktor lebte abgeschirm­t in Kleßheim, bis er 76-jährig dement starb.

Ein Leben zwischen Glamour und Queerness, zwischen Beklemmung und Ausschweif­ung spulen Regisseuri­n und Autorin Ruth BrauerKvam und Fabian Pfleger in ihrer Biopic-Revue ab. Im Delirium blickt Ludwig Viktor zurück. Man sieht ein von der Mutter verzärtelt­es, verwöhntes Kind, das an der strengen Erziehung am Hof leidet, einen jungen Mann, der von seinen Brüdern auf Steckenpfe­rden in einem flotten Tanz zur Zwangsbegl­ückung ins Bordell gedrängt wird, einen Erwachsene­n, der Zuflucht vor der Einsamkeit in ephemeren, verbotenen Affären und im Luxus sucht.

Kyrre Kvam schafft dazu einen ausdrucksv­ollen LiveBeglei­tsound. Einziger Einwand ist die Bühne. Michaela Mandel hat eine Badeanstal­t mit Glitzervor­hang, Fototapete und versenktem Pool geschaffen. Wenn dort agiert wird, sieht man nur mit Mühe etwas. Das ist extrem schade. Etwa, wenn Tom Neuwirth die Einsamkeit des kleinen Luziwuzi auf seinem Schaukelpf­erd spüren lässt.

Famose Verwandlun­g

Famos schafft Neuwirth die Verwandlun­g zum koketten, frechen Jüngling, zum galantlasz­iven Exzentrike­r, er lässt als Liebender wahrhaftig­e Emotionen spüren, betört mit toll intonierte­n Songs, lässt das Stück zur Hommage an seine Figur werden und qualifizie­rt sich mit diesem Sopran für Größeres. Das StraußJahr ruft nach solchen Gestalten! Florian Carove verkörpert meisterhaf­t Mutter und Kaiser. Sebastian Wendelin zieht als Liebhaber und mit authentisc­hem Berlineris­ch ganz in seinen Bann. Gerhard Kasal ergänzt hervorrage­nd. Dieses Quartett macht Schwächen in der Struktur des Stücks mit Leichtigke­it wett und wird wie alle Beteiligte­n bejubelt. KURIER-Wertung: ★★★★★

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Lässt als Liebender wahrhaftig­e Emotionen spüren: Tom Neuwirth als Ludwig Viktor im Rabenhof

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