„Luziwuzi“im Rabenhof: Queer, galant – fulminant
Ruth Brauer-Kvams Revue mit Conchita
Kritik. Schwarze Locken in einer Art Biedermeier-Look getürmt, schwarzer Vollbart, eine Robe in zartem Rosa, der Reifrock schwingt, die weiche, geschmeidige Sopranstimme betört mit ihren sanften Koloraturen. Die Gestalt wirbelt über die Bühne, bezirzt ihren Eisenstein, entreißt ihm keck die Uhr. Eine Adele, von der man gern mehr sehen möchte.
Aber das spielt’s nicht. Denn im Rabenhof gibt’s nicht die „Fledermaus“, sondern „Luziwuzi – Ich bin die Kaiserin“, und der Ausflug zur Operette ist darin nur kurz. In der Titelrolle glänzt Tom Neuwirth, vor zehn Jahren als Song-Contest-Siegerin Conchita bekannt geworden, beim Schauspieldebüt als Erzherzog Ludwig Viktor von Habsburg.
Sollten Sie von diesem Spross aus dem Hause Habsburg noch nichts gehört haben, ist das kein Makel. „Luziwuzi“, wie der jüngste Bruder von Kaiser Franz Joseph genannt wurde, ist weitgehend aus der Historie gecancelt worden. Denn er war homosexuell. Das wurde so lange geduldet, bis die Presse von einem Eklat in einer Badeanstalt berichtete. Die Verbannung nach Salzburg folgte, Ludwig Viktor lebte abgeschirmt in Kleßheim, bis er 76-jährig dement starb.
Ein Leben zwischen Glamour und Queerness, zwischen Beklemmung und Ausschweifung spulen Regisseurin und Autorin Ruth BrauerKvam und Fabian Pfleger in ihrer Biopic-Revue ab. Im Delirium blickt Ludwig Viktor zurück. Man sieht ein von der Mutter verzärteltes, verwöhntes Kind, das an der strengen Erziehung am Hof leidet, einen jungen Mann, der von seinen Brüdern auf Steckenpferden in einem flotten Tanz zur Zwangsbeglückung ins Bordell gedrängt wird, einen Erwachsenen, der Zuflucht vor der Einsamkeit in ephemeren, verbotenen Affären und im Luxus sucht.
Kyrre Kvam schafft dazu einen ausdrucksvollen LiveBegleitsound. Einziger Einwand ist die Bühne. Michaela Mandel hat eine Badeanstalt mit Glitzervorhang, Fototapete und versenktem Pool geschaffen. Wenn dort agiert wird, sieht man nur mit Mühe etwas. Das ist extrem schade. Etwa, wenn Tom Neuwirth die Einsamkeit des kleinen Luziwuzi auf seinem Schaukelpferd spüren lässt.
Famose Verwandlung
Famos schafft Neuwirth die Verwandlung zum koketten, frechen Jüngling, zum galantlasziven Exzentriker, er lässt als Liebender wahrhaftige Emotionen spüren, betört mit toll intonierten Songs, lässt das Stück zur Hommage an seine Figur werden und qualifiziert sich mit diesem Sopran für Größeres. Das StraußJahr ruft nach solchen Gestalten! Florian Carove verkörpert meisterhaft Mutter und Kaiser. Sebastian Wendelin zieht als Liebhaber und mit authentischem Berlinerisch ganz in seinen Bann. Gerhard Kasal ergänzt hervorragend. Dieses Quartett macht Schwächen in der Struktur des Stücks mit Leichtigkeit wett und wird wie alle Beteiligten bejubelt. KURIER-Wertung: ★★★★★