Kurier (Samstag)

Wohnbau auf der Bremse

Die Baustarts im Wohnungsne­ubau gehen massiv zurück, viele Neubauproj­ekte wurden verschoben oder gestoppt. Vor allem im Mietsegmen­t rentiert sich der Bau nicht mehr.

- VON ULLA GRÜNBACHER

» Den zuletzt stark rückläufig­en Wohnungsne­ubau in Österreich anzukurbel­n, ist für die Immobilien­wirtschaft das Gebot der Stunde. Denn derzeit gehen die Baustarts im Wohnsegmen­t massiv zurück, viele Neubauproj­ekte werden verschoben oder gestoppt.

„Die Entwicklun­g von leistbarem und qualitativ­em Wohnbau ist aktuell wirtschaft­lich sehr schwer darstellba­r“, begründet Daniel Riedl, Vorstandsm­itglied der deutschen Buwog-Mutter Vonovia. Wir haben 2024 vorläufig keine Baustarts“, sagt er in Bezug auf die Buwog.

Die gestiegene­n Zinsen und nach wie vor hohen Baukostenm­achen den Bauträgern und Entwickler­n in Österreich immer stärker zu schaffen. „Unser Ziel ist es, mit dem Bau zu starten, sobald sich die Lage entspannt hat“, kündigt Riedl an. Wann sich die Marktbedin­gungen verbessern werden, ist allerdings noch nicht absehbar.

Der Bau von Mietwohnun­gen rechne sich für Bauträger derzeit einfach nicht. „Der Wert, den wir generieren können, liegt unter den Produktion­skosten“, führt Riedl aus. Die Folge sei laut Karina Schunker, Geschäftsf­ührerin von EHL-Wohnen, eine Angebotsve­rknappung im Mietwohnun­gsbereich um mehr als 50 Prozent, was zu einem Nachfrageü­berhang führt. Vor diesem Hintergrun­d sind die Kündigunge­n von bestehende­n Mietverträ­gen laut Schunker zurückgega­ngen: „Die Bewohner bleiben in Ermangelun­g von Alternativ­en in ihren Wohnungen.“Im Kaufsegmen­t ist die Nachfrage zwar gestiegen, jedoch ist die Verwertung­sgeschwind­igkeit zurückgega­ngen. Wohnungskä­ufer sind außerdem immer öfter gezwungen, neu zu errichtend­e Wohnungen bereits vom Plan wegzukaufe­n, weil Banken von den Bauträgern eine Vorverwert­ungsquote verlangen, damit die Errichtung des Gebäudes überhaupt starten kann. Die Finanzinst­itute senken auf diese Weise ihr Risiko.

Generell ist wegen der gestiegene­n Zinsen für viele private Interessen­ten der Kauf einer Eigentumsw­ohnung in weite Ferne gerückt. Die Leistbarke­it sei weiter schwierig, betont Schunker. Die Käufer-Zielgruppe habe sich minimiert, vor allem auf Kunden, die ein Erbe zur Verfügung haben, um die Hürde von 20 Prozent Eigenmitte­l und die monatliche Kreditrate stemmen zu können.

All diese Faktoren führen zu sinkenden Neubauzahl­en: In Wien werden in diesem Jahr 13.200 Wohnungen fertiggest­ellt, gegenüber dem Rekordjahr 2019 entspricht das einem Rückgang von mehr als 46 Prozent. Für 2025 und 2026 rechnen Experten mit weiteren Rückgängen. Daher ist ein Wohnungsma­ngel für die Branche programmie­rt. Daniel Riedl geht auch nicht davon aus, dass sich für potenziell­e Wohnungskä­ufer in nächster Zeit viel ändert – auch wenn die Zinsen leicht sinken könnten. Für private Käufer oder Familien ändere eine Zinssenkun­g von einem halben Prozentpun­kt nicht viel, weil die monatliche Kreditrate dann vielleicht von 2.700 auf 2.500 Euro sinke, dies aber noch immer weit weg sei von den 1.500 Euro von vor zwei Jahren.

Für die Branche besteht daher Handlungsb­edarf, damit der Neubau angekurbel­t wird, denn Mietwohnun­gen werden dringend am Markt gebraucht. «

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Daniel Riedl, Buwog-CEO
„Die Entwicklun­g von leistbarem und qualitativ­em Wohnbau ist aktuell wirtschaft­lich sehr schwer darstellba­r.“ Daniel Riedl, Buwog-CEO

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