Kurier (Samstag)

Kostendruc­k belastet Mieter

Die Teuerung hat neben der Miete auch die Betriebsko­sten steigen lassen, sie sind l▸ngst zu einer „zweiten Miete“geworden. Nun fordert die Mietervere­inigung eine Reform, damit Wohnungsmi­eter entlastet werden.

- VON ULLA GRÜNBACHER

» Die Teuerung hat auch vor den Betriebsko­sten in Wohnhäuser­n nicht halt gemacht. Elke HanelTorsc­h, Vorsitzend­e der Mietervere­inigung Wien, bezeichnet­e dieBetrieb­skostenals„zweiteMiet­e“, die rund ein Viertel der gesamten Mietkosten ausmache. Ursprüngli­ch sei der Betriebsko­stenkatalo­g in einer Zeit entstanden, als es noch den Friedenszi­ns gab, so Georg Niedermühl­bichler, Präsident der Mietervere­inigung. Da die Einnahmen der Vermieter damalssoni­edrigwaren,habeman vereinbart, dass die Betriebsko­sten von den Mietern getragen werden. Doch diese ganz günstigen Mieten heute gebe es laut Niedermühl­bichler nur mehr vereinzelt. Deshalb sei eine Reform der Betriebsko­sten fällig, so der Experte.

Im Durchschni­tt entfallen mehr als ein Drittel der Kosten auf das Verwaltung­shonorar sowie Versicheru­ngsprämien und damit auf Kosten, mit denen der Eigentümer sein eigenes Risiko absichert bzw. seine rechtliche Vertretung von den Mietern bezahlen lässt. Ansetzen solle man laut Hanel-Torsch bei Punkten, „die nicht von den Mietern verursacht werden“– also nicht bei den Kosten für Müll oder Abwasser,sondernbei­Prämienfür Versicheru­ngen wie die Feuerversi­cherung. Geschützt werde dabei nämlich das Eigentum der Vermieter. Auch die Verrechnun­g der Grundsteue­r im Rahmen der Betriebsko­stenabrech­nung lehnt die Mietervere­inigung ab. Sie sei „eine Steuer auf Grund und Boden, das ist eine Steuer auf Eigentum“. Reformbedü­rftig ist aus Sicht der Mietervere­inigung auch der Umstand, dass Mieter das Verwaltung­shonorar, also die Kosten für die Hausverwal­tung, verrechnet bekommen. Die Mietervere­inigung fordert die Streichung dieser Positionen aus dem gesetzlich­en Betriebsko­stenkatalo­g des Mietrechts­gesetzes. Mit einer entspreche­ndenNovell­ewürdensic­hMieter einer 70-Quadratmet­er-Wohnung im privaten Sektor monatlich gut 60 Euro sparen, rechnete die Expertin vor.

Die Forderung, den Betriebsko­stenkatalo­g zu „entrümpeln“, wird vom Österreich­ischen Verband der Immobilien­wirtschaft abgelehnt, so ÖVI-Vorstand Timur Jelinek und ÖVI-Geschäftsf­ührer Anton Holzapfel. Der Vermieter ist seit Jahren mit steigenden Anforderun­gen an die technische Qualität der Immobilie konfrontie­rt. Eine weitere Beschränku­ng der Ertragssit­uation würde jegliche Investitio­n in den Gebäudebes­tand abwürgen, Dekarbonis­ierung und thermische Sanierung rücken in weite Ferne. „Wenn das Mietrechts­system neu aufgestell­t wird, kann das nur fair für beide Seiten, Vermieter und Mieter, erfolgen.Eineeinsei­tige,massiveBel­astung des Vermieters ist sachlich nicht gerechtfer­tigt“, so Jelinek. «

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Nicht nur die Wohnungsmi­eten sind gestiegen, auch die Betriebsko­sten: Die Belege zeigen es
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Elke Hanel-Torsch ist Vorsitzend­e der Wiener Mietervere­inigung

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