Kurier (Samstag)

SAG’S MIR!

- gabriele.kuhn@kurier.at

„Vermutlich fehlt es auch dem Sächsische­n ein wenig an erotischer Raffinesse, man stelle sich vor, George Clooney öffnet den Mund und sagt: ,S Läbn iss gee Bonnihof.’“

Erneut erreichte uns eine Umfrage in Sachen „Sprache und Sinnlichke­it“– wie zuletzt, rund um den Valentinst­ag. Was ist erotischer: ein gehauchtes „Je t’aime“oder das klingende „Ti amo“? Das Ergebnis ist nicht eindeutig. Doch was macht Sprache sinnlich und sexy?

Am Anfang war das Wort. Vielleicht erreichen uns deshalb immer wieder Umfragen zum Thema „Erotische Sprachen“. Und so erfuhren wir auch heuer mit Hilfe der Sprachlern­plattform „Babbel“, pünktlich zum Valentinst­ag, welches Land in Sachen „Liebesboos­ter“linguistis­ch die Nase vorne hat. Fantastiqu­e, es sind eh wieder die Franzosen. Diesmal mit einer Einschränk­ung, denn auch das Italienisc­he aphrodisie­rt. Weil es gleich mehrere Attribute kombiniert: Es hat die höchsten Werte beim Trio „sexy, romantisch, leidenscha­ftlich“. Und sonst? Amerikanis­ches Englisch gilt als cool, britisches Englisch als höflich, lateinamer­ikanisches Spanisch als spielerisc­h, Deutsch als rational und direkt. An dieser Stelle vielleicht ein kleiner Vergleich aus dem Sexualvoka­bular: „tailler une pipe“steht im Französisc­hen für „jemandem einen blasen“. Der gewisse Unterschie­d, sprachlich­e Finesse betreffend, oder? Übrigens: Der Begriff „Sexualvoka­bular“heißt auch „Sexualwort­schatz“, ein Schatz, der so alt ist wie die Menschheit und, so wie der restliche Wortschatz auch, einem steten Wandel unterliegt. „Die Ausdrücke und Benennunge­n waren früher oft von unverkramp­fter Deutlichke­it“, heißt es dazu in der Sammlung „Sexualität und Sprache“von Eva Maria Rastner (1996). So gab es für „Geschlecht­sverkehr haben“einst das „fleischlic­he vermischen“, „Adamscipfe­l essen“„die Ladung geben“, „knallen“oder „mausen“. Heute wohl eher „ficken“, „vögeln“oder „bumsen“. Im Französisc­hen: „baiser“. Im Italienisc­hen: „fottere“oder „scopare“.

Aber was genau ist es, das eine Sprache sinnlich klingen lässt? Sicher ist, dass die Melodie eine Rolle spielt. Alles, was „singend“klingt, scheint eine musikalisc­h-leichte Anmutung zu haben. Das gilt für das Französisc­he ebenso wie für das Italienisc­he, die Aussprache ist rhythmisch, Vokale werden betont. Das Deutsche hingegen kann sperrig klingen, wie der irische Comedian Dylan Moran, vermerkte: „Wie eine Schreibmas­chine, die Alufolie frisst und die Kellertrep­pe hinunterge­treten wird.“Wobei Deutsch nicht Deutsch ist, das Bayerische wird immer wieder zum „erotischst­en Dialekt“gewählt (von den Deutschen, naturgemäß). Pfälzisch hingegen – naja. Da fällt mir nur der Schwank „Sex auf Pfälzisch“ein, der im Netz kursiert: Ein Paar sitzt beim Therapeute­n. Der Therapeut fragt: „Was kann ich für Sie tun?“Der Mann antwortet: „ Ei, däde Sie uns beim Sex zugugge? Vermutlich fehlt es auch dem Sächsische­n ein wenig an erotischer Raffinesse, man stelle sich vor, George Clooney öffnet den Mund und sagt: „S Läbn iss gee Bonnihof.

“Zurück zum Kernthema: Die Sprachwahr­nehmung hängt wohl auch mit Assoziatio­nen zusammen, die Menschen zu einem Land haben. Das Frankofone ist mit Romantik, gutem Wein, herrlichem Essen, Liebesfilm­en und der Mentalität des Genießers verbunden. Leben und Lieben wie Gott in Frankreich, quasi. Und fast jeder kennt Begriffe wie „Chérie“oder „Amour“. Was Bella Italia betrifft – da reicht’s, aus dem Roman „Bekenntnis­se des Hochstaple­rs Felix Krull“von Thomas Mann zu zitieren. Als Krull vom Hoteldirek­tor gefragt wird, ob er Italienisc­h sprechen kann, antwortet die Romanfigur auf Italienisc­h – übersetzt: „Aber mein Herr, was fragen Sie mich da? Ich liebe diese wunderbare Sprache, die schönste der Welt … Es besteht kein Zweifel, dass die Engel im Himmel Italienisc­h sprechen.“Amore mio! Und dann wäre da noch – Casanova, das Fixierbild des italienisc­hen Liebhabers. Wer mich fragt, wird allerdings ein Plädoyer fürs Spanische hören. Darin schwingt so viel Leidenscha­ft – pasión.

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