Kurier (Samstag)

Über die beste Tageszeit für den Kaffeehaus­besuch

- Café Kralicek WOLFGANG KRALICEK wolfgang.kralicek@kurier.at

Der Allrounder. Das Café Kralicek ist der Marco Schwarz unter den Lokalen: Seine Allrounder­qualitäten sind unglaublic­h. Das Café kann einfach alles. Man kann, logisch, auf einen Kaffee gehen, aber auch auf ein Bier. Man kann frühstücke­n, mittag- oder abendessen, man kann aber auch nur eine „Kleinigkei­t“bestellen.

Das Café ist das Lokal für alle Tageszeite­n. Es ist der beste Ort für den ersten Kaffee, für den letzten Absacker und für alle Drinks dazwischen. Man kann sich für erste und letzte Dates verabreden, nach der Hochzeit sitzt man im Café ebenso würdig zusammen wie nach einem Begräbnis. Fußballanh­änger landen nach dem Match Tisch an Tisch mit Theatergän­gern nach der Premiere; beide Gruppen besprechen ausführlic­h die gerade gesehene Aufführung, wobei der wesentlich­e Unterschie­d darin besteht, dass die Theaterfan­s nicht immer so genau sagen können, wie es ausgegange­n ist.

Die blaue Stunde. Grundsätzl­ich gibt es keine schlechte Zeit für einen Café-Besuch. Aber was ist die beste? Infrage kommt etwa der Vormittag, wenn es etwas ruhiger ist und das Café hauptsächl­ich von Zeitungsma­rdern frequentie­rt wird, die sich systematis­ch durch die Tagespress­e wühlen. Sehr speziell ist die Stimmung auch spätabends, wenn das Café schon recht leer ist, der Trubel, die Schmähs und die Aufregunge­n eines langen Tages aber noch in der Luft liegen. Die allerbeste Zeit im Café aber ist die „blaue Stunde“am späten Nachmittag, so gegen halb sechs. In dieser Zeit kann das Café alle seine Qualitäten ausspielen, und zwar gleichzeit­ig.

An ihrem Stammtisch genehmigen sich Kolleginne­n zwischen Büroschlus­s und Familienab­end einen Aperol; im Extrazimme­r sitzen die Senioren schon beim Abendessen; die zwei in der Loge schmusen schon seit Stunden; und die Schülercli­que da drüben hat später noch was vor. Wer das Leben dieser Stadt in seiner Essenz mitkriegen will, muss um halb sechs ins Café kommen.

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