Kurier (Samstag)

Vom Feld in den Tank und ins Gasnetz Bei Benzin, Diesel und Gas spielen Biokraftst­offe eine immer größere Rolle. Aber ist der Einsatz von Futterpfla­nzen auch sinnvoll?

- VON BERNHARD GAUL

680 Millionen Menschen leiden derzeit laut Welternähr­ungsprogra­mm WFP Hunger, beispielsw­eise in Westafrika, in der Sahelzone oder in Afghanista­n. In Europa leidet ein steigender Anteil der Bevölkerun­g eher an Übergewich­t durch Überkonsum und sehr hochkalori­sche Nahrung. Dabei wird längst ein Teil der Ackerfläch­en weltweit auch zur Energiepro­duktion eingesetzt – etwa für Biodiesel oder Bio-Ethanol (für Benzin). Nun soll auch verstärkt Biogas ins Gasnetz eingespeis­t werden, dafür soll das Erneuerbar­en Gase-Gesetz EGG sorgen.

Aber wie vernünftig ist das aus ökologisch­er Sicht?

Die Grundlagen sind schnell geklärt: In Österreich werden rund 7 Prozent Biodiesel dem Dieselkraf­tstoff beigemisch­t. Dafür werden vor allem Raps und andere Ölsaaten als auch Alt-Speiseöle verwendet. Beim Benzin kommen rund 10 Prozent des Kraftstoff­s aus der Landwirtsc­haft, verwendet werden minderwert­iger Weizen oder Triticale, die im Grunde wie beim Schnapsbre­nnen zu Bioethanol werden. Übrig bleibt fast die gleiche Menge an eiweißreic­hen Futtermitt­eln.

Und bis 2030, so sieht es der EGG-Entwurf vor, sollen etwa 10 Prozent oder 7,5 Terawattst­unden Biogas ins Netz gespeist werden. Biogas kann aus praktisch allen organische­n (Abfall-)Stoffen erzeugt werden. Bisher kamen vor allem Stärkeschl­amm, Mais, Weizen und Triticale zum Einsatz.

Ackerf lächenverb­rauch

Offizielle Statistike­n, auf wie viel Ackerfläch­e Energiepfl­anzen kultiviert werden, gibt es nicht. Schätzunge­n gehen in etwa von 86.000 Hektar aus (von bundesweit 1,32 Millionen Hektar Ackerfläch­en, also 6,5 Prozent). Bei der Produktion von Biodiesel und Bioethanol bleibt in etwa die gleiche Menge an eiweißreic­hen Futtermitt­eln übrig, das ohnehin angebaut werden müsste. Experten meinen, dass dadurch rund 65.000 Hektar nicht zusätzlich mit Futterpfla­nzen angebaut werden müssten. So bleiben also rund 22.000 Hektar Nettofläch­en für Bioenergie.

Start 2005

Biokraftst­offe gibt es in Österreich seit Oktober 2005, in erster Linie durch die Beimischun­g von Biodiesel zu Diesel und seit Oktober 2007 zusätzlich durch eine Beimischun­g von Bioethanol zum Benzinkraf­tstoff. Auch wenn sich in den letzten Jahren das Spektrum an erneuerbar­en Kraftstoff­en und Energieträ­gern (Strom) im Verkehrsse­ktor erhöht hat, bleiben Biokraftst­offe das wichtigste Element im Sinne einer emissionsr­eduzierend­en und fossile Energieträ­ger ersetzende Wirkung.

Für Günther Lichtblau, Experte vom Umweltbund­esamt, ist die Produktion von Biogas im Vergleich zu den Biotreibst­offen (Bio meint hier nur, dass es sich um pflanzlich­e Rohstoffe handelt) jedenfalls effiziente­r: „Wir haben in Österreich ein hohes Maß an Reststoffe­n, die in Biogasanla­gen verwendet werden können. Die Biogasprod­uktion ist auf die Fläche gerechnet sehr effizient, es gibt sehr viel Gas für wenig Fläche, weil die ganze Pflanze genutzt werden kann.“Bei den Biotreibst­offen würde zwar nur der Fruchtkörp­er verwendet, immerhin könne der Rest als Futtermitt­el oder zur Biogasprod­uktion verwendet werden. Als Problem bleibe, dass bei Biokraftst­offen auf dem Weg vom Acker in den Tank sehr viel Energie verloren gehe.

Energiemin­ister Leonore Gewessler betont, dass speziell für Biogas nur Reststoffe verwendet werden darf: „Wir haben schon im Erneuerbar­enAusbau-Gesetz festgelegt, dass neue Biogasanla­gen nur dann gefördert werden, wenn sie ausschließ­lich biologisch­e Abfälle verwenden. Das macht Sinn, denn wir wollen, dass auf den fruchtbare­n Feldern genug Platz für Lebensmitt­el bleibt. Resteverwe­rtung ist gut – weniger Fläche für Lebensmitt­el nicht.“

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Biogas hat i m Vergleich zu Biokraftst­offen eine hohe Effizienz pro Ackerfläch­e

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