Kurier (Samstag)

Europabisc­hof Zsifkovics: EU nicht den Populisten überlassen

Eisenstädt­er Oberhirte erinnert bei Besuch europäisch­er Institutio­nen an jüdisch-christlich­e Wurzeln Europas

- RUDOLF MITLÖHNER, BRÜSSEL

EU-Kirche. Die Wahlen zum Europäisch­en Parlament Anfang Juni beschäftig­en auch die Katholisch­e Kirche. Der vielfach prognostiz­ierte Zuwachs europaskep­tischer bis -feindliche­r Kräfte bereitet einer Institutio­n, welche sich per se als proeuropäi­sch versteht, Sorgen.

Dieser Tage war der burgenländ­ische Diözesanbi­schof Ägidius Zsif kovics, in der Bischofsko­nferenz für Europa/EU zuständig, in Brüssel bei hochrangig­en Vertretern europäisch­er Institutio­nen zu Besuch. Zsif kovics vertritt die österreich­ischen Bischöfe bei der COMECE, der Kommission der Bischofsko­nferenzen der Europäisch­en Gemeinscha­ft (Commissio Episcopatu­m Communitat­is Europensis), welche 1980 – kurz nach den ersten Direktwahl­en zum EP – gegründet wurde. Jedes Mitgliedsl­and entsendet einen Bischof (Dänemark, Schweden und Finnland einen gemeinsam), dazu kommen vier beobachten­de Mitglieder (England und Wales, Schottland, Schweiz, Serbien).

Die COMECE versteht ihre Tätigkeit in Brüssel ausdrückli­ch nicht als Lobbying, sondern als „Anwaltscha­ft“– im Sinne der jüdisch-christlich­en Wurzeln Europas.

Geleitet wird die COMECE vom italienisc­hen Diözesanbi­schof Mariano Crociata, seine – bekanntere­n – Vorgänger waren der Luxemburge­r Erzbischof Kardinal JeanClaude Hollerich und der Erzbischof von München, Kardinal Reinhard Marx.

Basis für das Verhältnis zwischen EU und Religionsg­emeinschaf­ten und somit auch für die Arbeit der COMECE ist Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitswei­se der Europäisch­en Union. Darin heißt es, dass die EU mit den Kirchen und Religionsg­emeinschaf­ten „in Anerkennun­g ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparen­ten und regelmäßig­en Dialog“pflegt. Damit wurde im Vertrag von Lissabon (2007) die Beziehung zwischen den beiden Seiten institutio­nell abgesicher­t und im EU-Recht verankert.

„Kräfte der Mitte“

COMECE-Generalsek­retär Manuel Enrique Barrios Prieto ließ im Gespräch mit Journalist­en indes erkennen, dass er sich wünschen würde, dass dieser Artikel 17 noch stärker mit Leben erfüllt werden sollte.

Mehrfach betonte „Europabisc­hof“Zsif kovics bei den Begegnunge­n in Brüssel die geistig-kulturelle Prägung des Kontinents und rief dazu auf, dass sich die Kirche(n) verstärkt in Europa einbringen müssten.

Sehr deutlich warnte er – etwa bei einer Predigt in der COMECE-Kapelle – Europa den Populisten an den politische­n Rändern zu überlassen und plädierte für eine Sammlung der „vernünftig­en Kräfte der Mitte“. Wichtig sei in diesem Zusammenha­ng auch, nicht nur über die EU zu reden, sondern „mit der EU und in der EU“.

Bei dem Gottesdien­st gedachte der Eisenstädt­er Hirte auch des im Straflager zu Tode gekommenen russischen Dissidente­n Alexej Nawalny, der „Großes für Europa“geleistet habe.

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Vertritt Österreich­s Bischöfe in Brüssel: Ägidius Zsifkovics

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