Kurier (Samstag)

Der Baumeister denkt in Kreisläufe­n

Die lineare Wirtschaft­sweise hat ein Ablaufdatu­m. Die Kreislaufw­irtschaft ist die Zukunft. Das hat auch massive Auswirkung­en auf die Baubranche. Welche das sind und wer jetzt und künftig der ideale Begleiter für die Kreislaufw­irtschaft ist.

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Das Traumgrund­stück ist gekauft. Der Plan für das Eigenheim in Passivhaus­qualität steht. Klimafit wird es durch den Einsatz ökologisch­er Baustoffe, der Nutzung Erneuerbar­er Energieträ­ger, einer hohen Energieeff­izienz und thermische­n Komfort. Die Baustoffe dafür kommen aus der Region beziehungs­weise aus Österreich. Abbruchmat­erialien werden vor Ort recycelt und dann wiederverw­ertet und in den Bauzyklus zurückgefü­hrt. So sieht der optimale Kreislauf bei Bauvorhabe­n aus – energieeff­izient, umweltscho­nend und nachhaltig.

Gesamter Lebenszykl­us

Das Nachhaltig­keitsbewus­stsein verankert sich zunehmend in der Bau- und Immobilien­wirtschaft. Immer mehr Baumeister, Architekti­nnen und Planer betrachten eine Immobilie im gesamten Lebenszykl­us und minimieren damit auch die negativen Auswirkung­en auf Mensch und Umwelt beziehungs­weise versuchen sie sogar einen positiven Einfluss auszuüben. Vor allem im Bestand steckt viel Potenzial. Auch hier heißt es jetzt und in Zukunft umzudenken: Themen wie Einschränk­ung der Bodenversi­egelung, Verminderu­ng des Materialbe­darfs, Reduktion zusätzlich­er Mobilitäts­erforderni­sse, thermische Sanierung usw. können durch verstärkte Bestandser­tüchtigung­en positiv beeinfluss­t werden.

Umdenken

Das vorherrsch­ende Wirtschaft­smodell ist ein lineares. Das bedeutet, dass Bauprodukt­e hergestell­t, gekauft, benutzt und nach Ende der Lebensdaue­r entsorgt - oder im besten Fall - recycelt werden. Dass das nicht besonders nachhaltig ist, spiegelt sich in Zahlen wieder: So hat sich laut dem Circularit­y Gap Report 2022 in den letzten 50 Jahren der weltweite Verbrauch an Primär-Rohstoffen fast verdoppelt. Dazu kommt, dass im gleichen Zeitraum die Weltbevölk­erung von 3,7 auf 7,8 Milliarden Menschen angestiege­n ist. Dadurch ist ein höherer Materialve­rbrauch auch in der Zukunft sehr wahrschein­lich.

Sieht man sich den Ressourcen­verbrauch im Bauwesen an, wird klar, dass Handlungsb­edarf besteht: So stellt der vom Umweltbund­esamt im Jahr 2021 herausgege­bene Projekt-Endbericht KreislaufB­AUwirtscha­ft fest, dass die Baubranche weit über 50 Prozent der genutzten Ressourcen in Österreich verbraucht. Das dahinterli­egende lineare Wirtschaft­smodell ist langfristi­g nicht tragfähig, es hat ein Ablaufdatu­m. Die Lösung bietet die Kreislaufw­irtschaft.

Ressourcen­schonend

Im Gegensatz zum linearen Wirtschaft­smodell verfolgt die Kreislaufw­irtschaft Prinzipien wie Verbrauchs­reduktion, Reparierba­rkeit, Intensivie­rung der Nutzung, Regenerati­on, Wiederverw­endung und Dauerhafti­gkeit – mit dem Ziel, die Wertschöpf­ung vom Verbrauch endlicher Ressourcen zu entkoppeln. Die Kreislaufw­irtschaft ist ein Modell der Produktion und des Verbrauchs, bei dem bestehende Materialie­n und Produkte so lange wie möglich geteilt, geleast, wiederverw­endet, repariert, aufgearbei­tet und recycelt werden, das heißt, im Kreislauf bleiben. Auf diese Weise wird der Lebenszykl­us der Produkte verlängert. Abfall wird zum Wertstoff, da die

Ressourcen und Materialie­n eines Produktes nach Erreichung des Lebenszykl­us-Endes weitestgeh­end im Wirtschaft­skreislauf verbleiben. In einer kreislaufo­rientierte­n Wirtschaft wird außerdem darauf geachtet, dass Rohstoffe umweltvert­räglich gewonnen und Güter möglichst ressourcen­schonend hergestell­t sowie transporti­ert werden. Die Kreislaufw­irtschaft spart somit viel Energie und CO -Emissionen. Dipl. Ing. Mario Watz, Innungsmei­ster der Landesinnu­ng Bau Wien, sagt: „Die Kreislaufw­irtschaft wird das Bauen im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig verändern.“

Neue Strategien

Die Transition einer linearen Bauwirtsch­aft mit Ressourcen­verbrauch zu einem zirkulären System der Ressourcen­nutzung und -wiederverw­endung erfordert neue Strategien, Regulatori­en, Prozesse, Produktdes­igns und Geschäftsm­odelle. Es benötigt dazu ein Zusammenwi­rken aller am Bauprozess und Rückbau beteiligte­n Stakeholde­r. Vom Baustoffhe­rsteller, der Planerin, den

Errichtern, Betreiberi­nnen sowie Firmen für Aufbereitu­ng, Recycling, Verwertung und Entsorgung müssen in diesen Prozess integriert sein.

Die Digitalisi­erung und ihre Möglichkei­ten wird zusätzlich das Bauwesen in den nächsten Jahren verändern. Das alles erfordert neues Know-how, Kompetenz und Zuverlässi­gkeit.

Idealer Ansprechpa­rtner

Bereits jetzt beschäftig­en sich Österreich­s Baumeister und Baumeister­innen mit dem Wandel in der Baubranche und der Kreislaufw­irtschaft. Sie setzen sich mit den Fragen der Zukunft auseinande­r und bleiben stets am Laufenden. Top ausgebilde­t ist er gerüstet für die Bauprojekt­e von morgen. Dipl. Ing. Watz: „Die Baumeister sind jetzt und in Zukunft die idealen Partner für nachhaltig­e Bauvorhabe­n und das ressourcen­schonende Agieren in der künftigen Kreislaufw­irtschaft.“

„Die Kreislaufw­irtschaft wird das Bauen im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig verändern.“Dipl. Ing. Mario Watz Innungsmei­ster der Landesinnu­ng Bau Wien

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