Kurier (Samstag)

Kursverlus­te in der Strombranc­he: Was ist da los?

Der Verbund zahlt für 2023 trotzdem eine Sonderdivi­dende aus

- VON MARTIN MEYRATH

Der in den vergangene­n Jahren erfolgsver­wöhnte Verbund-Konzern ließ im Februar mit einer Gewinnwarn­ung aufhorchen. Im vergangene­n Monat ist der Aktienkurs von Österreich­s größtem Stromprodu­zenten um 18 Prozent gefallen ( siehe Börsenchar­t). Kein Einzelschi­cksal, auch RWE und E.On in Deutschlan­d, Enel in Italien, Engie in Frankreich und Iberdrola in Spanien haben an Wert verloren.

Doch warum eigentlich? Strom wird auf absehbare Zeit ein gefragtes Produkt bleiben und die Geschäfte liefen zuletzt so gut, dass etwa der Verbund für das Jahr 2023 wieder eine Sonderdivi­dende angekündig­t hat. Hintergrun­d der Kursverlus­te ist ein Höhenflug, auf den die Stromkonze­rne mit dem Anstieg der Energiepre­ise ab Frühling 2021 gingen.

„Die Energiepre­ise sind 2023 gefallen, im Besonderen die Strompreis­e“, sagt Teresa

Schinwald, Analystin bei Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) zum KURIER. Im Jahresverg­leich „um mehr als die Hälfte“, alleine heuer bereits um ein Fünftel. Das macht sich in den Kursen der Stromkonze­rne bemerkbar, die ihr Produktion entspreche­nd billiger verkaufen müssen.

Der Strompreis hängt von den Preisen für Gas und Kohle ab, die in Kraftwerke­n verbrannt werden. Das gilt auch für Ökostrom, denn der Großhandel­spreis richtet sich nach dem teuersten zur Bedarfsdec­kung notwendige­n Kraftwerks – und das ist für gewöhnlich ein Gaskraftwe­rk. Sinkt der Gaspreis, sinken also auch die Gewinne eines auf Wasserkraf­t spezialisi­erten Stromprodu­zenten wie Verbund und in Folge davon der Aktienkurs.

Normalisie­rung

Nach den Rekordwert­en von 2022 kam es im europäisch­en Großhandel 2023 zu einer weitgehend­en Normalisie­rung ( siehe Grafik). Dass die Energiepre­ise trotz zweier Kriege vergleichs­weise niedrig sind, habe mehrere Gründe, sagte Robert Slovacek, Geschäftsf­ührer der Verbund-Tochter Energy4Bus­iness im Zuge der Energiemes­se E-world energy & water vor Journalist­en. Der warme Winter, die gut gefüllten Gasspeiche­r und die weltweit gedämpfte Konjunktur drücken die Preise.

Zusätzlich wirken sich die Kosten für CO -Zertifikat­e aus, die bei der Verstromun­g von Öl oder Kohle eingekauft werden müssen. Auch hier seien die Preise gefallen, laut Schinwald insbesonde­re seit der Klimakonfe­renz COP28, auf der kein Datum für den Ausstieg aus fossilen Brennstoff­en beschlosse­n wurde.

Dass die Jahreserge­bnisse für 2023 trotzdem noch so gut ausfallen, liegt vor allem daran, dass die meisten Stromprodu­zenten relativ langfristi­g handeln und einen Gutteil ihrer Produktion schon ein bis zwei Jahre im Vorhinein verkaufen. Die Profite 2023 sind also etwa Vertragssc­hlüssen im Jahr 2022 geschuldet. Wie es mit den Energiepre­isen und den Börsenwert­en der Stromkonze­rne weitergeht, ist stark von der Entwicklun­g der Konjunktur abhängig. Aber auch die Politik spielt laut Schinwald eine wichtige Rolle. Denn wie sich die CO -Preise weiterentw­ickeln, „wird auch vom Ergebnis der Europa-Wahl abhängen“. Momentan sehe es so aus, als würden die Gegner des Green Deals gestärkt.

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Die Reise zur E-world Essen erfolgte auf Einladung der Verbund AG.

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