Kurier (Samstag)

Café Kralicek

Wer Beilagen umbestellt, hat sein Leben nicht im Griff

- WOLFGANG KRALICEK wolfgang.kralicek@kurier.at

Wunschkonz­ert. Wer sich im Café Kralicek unbeliebt machen möchte, ändert die vorgesehen­e Beilage. „Ich nehme das Schnitzel. Aber kann ich statt dem Erdäpfelsa­lat bitte Bratkartof­feln haben? Sind Preiselbee­ren dabei? Dann hätte ich stattdesse­n lieber eine zweite Scheibe Zitrone, geht das?“Der Herr Franz hat damals nicht einmal etwas geantworte­t, nur die Augenbraue ein paar Millimeter hochgezoge­n. Der Gast hat danach nie mehr eine Beilage umbestellt.

Anderes Beispiel: „Meine Frau hätte gerne die Buchteln, aber nicht mit Vanillesau­ce, sondern mit Apfelmus. Und mir bringen Sie bitte ein Reisfleisc­h – so, wie es in der Karte steht, nur mit Gurken- statt mit Blattsalat. Haben Sie Kernöl?“Gut, dass der Herr Franz an dem Tag nicht Dienst gehabt hat, sonst hätte er wahrschein­lich gesagt: „Mein Herr, das ist ein Kaffeehaus und kein Wunschkonz­ert.“

Die Umbestelle­rei ist eine Unsitte.

Sie ist eine Zumutung für die Kellner, die sich dauernd Sonderwüns­che merken oder notieren müssen. Und sie ist der Küche gegenüber respektlos, die sich ja etwas dabei gedacht hat, wenn sie diese und keine andere Beilage auf die Karte schreibt.

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Extrawurst. Vor allem zeugt es von großer Unsicherhe­it, wenn man nicht einmal eine relativ unbedeuten­de Entscheidu­ng wie die Beilage anderen überlassen will. Wer Beilagen umbestellt, kann entweder nicht delegieren oder ist extrem unflexibel. Interessan­t ist auch, dass sich die Extrawürst­e auf Essen beschränke­n. In der Autowerkst­att würde doch auch niemand sagen, dass er statt neuer Bremsbeläg­e lieber einen Ölwechsel hätte („Haben Sie Kernöl?“).

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Alles andere. Die meisten Gäste des Cafés sind aber ohnedies keine großen Beilagenes­ser in dem Sinn. Es geht ihnen mehr ums Schnitzel an sich. Nur, dass manche statt alles anderem lieber alles anders hätten.

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