Gefährliche Tiegel Hautpflege wird auf Social Media in allen Facetten beworben. Kinder wollen die Produkte immer früher selbst ausprobieren. Wie schädlich sind sie für junge Haut?
Tipps
Britische Dermatologen zeigen sich besorgt: Immer mehr Kinder greifen zu Hautpflegeprodukten, die nicht für derart junge Haut gedacht sind, betonte die Hautärzte-Gesellschaft kürzlich in einer Aussendung. Schon Achtjährige würden sich an den Cremen, Seren und Ölen ihrer Eltern bedienen.
Ein Trend mit potenziell schwerwiegenden Folgen, bestätigt Karin Jahn-Bassler. Die Dermatologin ist auf Kinderhaut spezialisiert. „Solche Präparate haben auf gesunder Kinderhaut dezidiert keine Daseinsberechtigung“, sagt sie. Sie enthalten hochwirksame Inhaltsstoffe, die junge Haut schädigen können. „Produkte mit AHA, einer Fruchtsäure, liegen zum Beispiel hoch im Kurs“, sagt JahnBassler. Solche Peelingsäuren können jedoch Allergien oder entzündliche Veränderungen auslösen. „Selbst Erwachsene müssen den Wirkstoff anfangs sehr niedrig dosieren.“
Risiko umstritten
Retinol wiederum sei „ein super Inhaltsstoff, aber klar auf Anti-Aging ausgelegt. Zehnjährige brauchen ihn noch nicht – und selbst Personen im richtigen Alter müssen bei der Dosis aufpassen.“So könne es bei unbedachter Anwendung zu Reizungen kommen. „Retinol macht die Haut stark lichtsensibel, sodass es zu Hautschäden kommt, wenn kein adäquater Sonnenschutz verwendet wird.“Das begünstige die Entstehung von Hauttumoren.
Ganz anders sieht das Daisy Kopera von der Österreichischen Gesellschaft für
Dermatologie und Venerologie: „Meiner Ansicht nach ist damit nicht wirklich eine Gefahr verbunden, die nachhaltige Schäden verursachen kann. Zumal Inhaltsstoffe wie Retinol auch in der Aknetherapie angewandt werden.“Auch Peptide oder Vitamine in Cremes würden Kindern nicht schaden. Wenn in Anti-Aging-Tagespflegeprodukten Lichtschutzfilter eingebaut seien, könne das sogar gut für Kinderhaut sein.
Weitaus problematischer sieht Kopera breitenwirksame Influencer-Werbung für
Pflegeprodukte in sozialen Netzwerken: „Schädlich ist das allen voran für die Geldbörsen der Eltern.“Dass Influencer Treiber der jüngsten Entwicklungen sind, indem sie derartige Produkte bei ihrem jungen Publikum anpreisen, bestätigt auch JahnBassler. Auch sie nimmt die Hersteller in die Pflicht: „Die Marken selbst sehen keine Mitschuld an dieser unpassenden Dynamik. Aber viele junge Mädchen fühlen sich von den farbenfrohen Verpackungen und kindgerechten Pumpspendern angezogen.“Überbordende Experimentierfreude hat laut JahnBassler noch einen anderen Preis: „Alle, die häufig ihre Routine ändern, gehen das Risiko ein, eine periorale Dermatitis zu bekommen. Dahinter verbirgt sich ein entzündlicher Hautausschlag im Gesicht – Hautprobleme, ausgelöst durch Hautpflege.“
Weniger ist mehr
Ist die Haut eines Kindes bis zum Teenageralter gesund, „bedarf es keiner Pflege über die tägliche Hygiene hinaus“, sagt Jahn-Bassler. Im Winter sei Kälteschutz ein Thema.
Jahreszeiten
Im Winter können Wind und Kälte die Kinderhaut beanspruchen. Wind- und Wettercremes schaffen Abhilfe: Sie halten die Haut feucht und machen sie strapazierfähiger. Achtung bei Paraffinhaltigen Produkten. Sie können mit Mineralölbestandteilen verunreinigt sein. Im Sommer braucht die Haut Sonnenschutz. Bei Kindern wird viel über mineralische und chemische Cremes diskutiert. Chemische Filter stehen im Verdacht, eine hormonähnliche Wirkung zu haben. Mineralische wirken, indem sie Sonnenstrahlen von der Haut weg reflektieren
„Im Sommer braucht es Sonnencreme, das war’s“, sagt die Fachärztin. „Kinder mit Hauterkrankungen benötigen andere Produkte. Bei Teenagern mit Akne kommen Retinol und Fruchtsäuren ärztlich angeleitet und gezielt zum Einsatz.“
Eltern, die mit ausufernden Beauty-Wünschen ihres Nachwuchses konfrontiert sind, rät Jahn-Bassler, Freude am Selbermachen zu wecken: „Selbst produzierte Gurkenmasken klingen vielleicht unspektakulär, das Zubereiten macht aber Spaß. Und die Haut freut sich.“