Rechtzeitig die Notbremse ziehen: Wie Unternehmen strukturiert eine Insolvenz vermeiden können
Die Insolvenz der Signa hat die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Thema Zahlungsunfähigkeit gelenkt. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen stellt sich die Frage, welche rechtlichen Optionen österreichische Unternehmen nutzen können, um finanziellen Schwierigkeiten zu entkommen und eine Insolvenz zu vermeiden.
Unternehmen in Österreich können seit der Umsetzung der EU-Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie vor zweieinhalb Jahren mithilfe der Restrukturierungsordnung (ReO) einer drohenden Insolvenz entgehen. Das Verfahren bietet flexible und kostengünstige Optionen im Vergleich zur außergerichtlichen Sanierung oder einer tatsächlichen Insolvenz und verläuft in Eigenverwaltung. Das Restrukturierungsverfahren nach der Restrukturierungsordnung ist ein Entschuldungsverfahren, das grundsätzlich allen Arten von Unternehmen als Sanierungsoption zur Verfügung steht und auch nicht im Insolvenzedikt öffentlich bekannt gemacht wird.
Um ein Restrukturierungsverfahren einzuleiten, bedarf es einer guten Vorbereitung durch den Schuldner: Es sind ein Finanzplan für die kommenden 90 Tage, ein Vermögensverzeichnis sowie die Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre vorzulegen. Als Kernstück des Restrukturierungsantrags gilt aber der Restrukturierungsplan. Für seine Inhalte setzt die Restrukturierungsordnung einige Vorgaben. So müssen unter anderem alle von den Maßnahmen betroffenen Gläubiger samt der geplanten Kürzung ihrer Forderungen angeführt werden, die Dauer der Restrukturierung sowie deren Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und auf die Finanzierung. Überdies muss aus dem Plan nachvollziehbar hervorgehen, dass eine Fortführung des Unternehmens aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist.
Ein entscheidender Vorteil aus Schuldnersicht ist, dass nicht alle Gläubiger dem Restrukturierungsplan zustimmen müssen. Die Mehrheit jeder Gläubigerklasse reicht aus, wobei eine 75-prozentige Forderungsmehrheit erforderlich ist. Das Gericht kann auf Antrag des Schuldners den Restrukturierungsplan unter bestimmten Umständen aber sogar dann bestätigen, wenn er nicht in allen Gläubigerklassen Zustimmung findet. Dieser Punkt stellt eine Möglichkeit dar, ein an sich sinnvolles Sanierungskonzept auch dann durchzuführen, wenn eine ablehnende Gläubigergruppe es zu verhindern versucht.
Neben den unmittelbaren Vorteilen für den Schuldner, bietet das Restrukturierungsverfahren auch für potenzielle Investoren weitergehenden Schutz: Das in der Insolvenzordnung angesiedelte und in der Praxis durchaus bedeutende Anfechtungsrecht, das Rechtshandlungen im Vorfeld einer Insolvenz unter gewissen Voraussetzungen für anfechtbar erklärt, sieht Ausnahmen für Transaktionen im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens vor.
Ei nR estrukturierungsverfahren nach derRestrukturierung s ordnung bietet ein sinnvolles Instrument, wenn es darum geht, Unternehmen zu sanieren und deren Fortbestand zu sichern. Es bildet auch eine Möglichkeit, frühzeitig auf eine finanzielle Krise zu reagieren und steigert somit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Sanierung. Andererseits kann der damit verbundene Aufwand aber beträchtlich sein und gilt er rechtzeitig zu handeln, um die Vorteile eines Restrukturierungsverfahrens zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Total zusammenbruchs gezielt einsetzen zu können. Eine Beratung durch Experten empfiehlt sich im Vorfeld daher auf jeden Fall.