Kurier (Samstag)

Blau- und Rotlicht gegen illegale Prostituti­on

Immer mehr Sexarbeite­rinnen arbeiten illegal in Privatwohn­ungen. Sie sind dort schutzlos Gewalt ausgeliefe­rt. Mit Asylwerber­n gibt es laut Insidern häufig Probleme

- VON BIRGIT SEISER

Im Prostituti­onslokal in Rudolfshei­m-Fünfhaus sitzen beim Besuch des KURIER am Mittwochab­end vier Damen und warten auf Kunden. Das Etablissem­ent ist gepflegt, in jedem Zimmer gibt es eine geräumige Dusche, die Bettlaken sind reinweiß, werden täglich von einer Reinigungs­firma ausgetausc­ht. So sollten Prostituti­onslokale in Österreich eigentlich aussehen. Die Realität ist aber anders.

Während des KURIER-Lokalaugen­scheins betritt kein Kunde das Lokal. Viele entscheide­n sich gegen den legalen käuflichen Sex und gehen zu illegalen Prostituie­rten in Privatwohn­ungen, schildert der Lokalbetre­iber. „Das wird immer mehr. Die Frauen kommen mit sogenannte­n ,Loverboys‘ (eine Mischung aus Liebhaber und Zuhälter, Anm.) aus

Osteuropa. Sie müssen einen Großteil ihres Geldes an die Männer abgeben. Sie machen es trotzdem, weil sie es teilweise nicht besser wissen. Das ist gefährlich“, erklärt er weiter.

Der Dreifachmo­rd an Prostituie­rten in Wien-Brigittena­u zeigte nun, wie verletzlic­h und ausgeliefe­rt die Sexarbeite­rinnen Gewalttäte­rn sind. Ein Asylwerber soll drei Asiatinnen erstochen haben. Das Lokal wurde zwar legal betrieben, ein Security oder Betreiber waren aber nicht anwesend. Das ist in dem Lokal im 15. Bezirk anders, hier wird auf die Sicherheit der Frauen und auch der Kunden großer Wert gelegt, denn die Gefahren sind dem Betreiber bewusst.

Ausgeliefe­rt

Gewalttäti­ge Vorfälle mit Freiern – immer häufiger mit Asylwerber­n – gibt es sowohl laut Ermittlern, als auch laut Lokalbetre­ibern viele. Zahlen gibt es keine, weil Frauen, die illegal arbeiten, die Täter nicht anzeigen, um nicht selbst ins Visier der Ermittler zu geraten. Zudem geht für sie auch von den „Loverboys“eine Gefahr aus, denn oft halten die sie mit Gewalt in der illegalen Prostituti­on.

Seit der Corona-Pandemie, als legale (Rotlicht-)Lokale geschlosse­n bleiben mussten, boomt die Wohnungspr­ostitution wieder. Ferienwohn­ungen werden zu Bordellen. Betreiber legaler Lokale haben dieser Methode den Kampf angesagt. Man will die illegale Konkurrenz loswerden.

Sobald die Betreiber erfahren, wo eine solche Wohnung ist, schicken sie verdeckt Mitarbeite­r hin und filmen mit. Die Beweise werden der Polizei weitergele­itet. „Oft passiert dann aber nichts, was wir nicht nachvollzi­ehen können“, erklärt der Lokalbetre­iber. Das Problem der Ermittler ist, dass ein Beweis, der von Dritten festgehalt­en wurde, nicht ausreicht. Die Polizei muss selbst verdeckt ein Scheingesc­häft vornehmen, bevor sie einschreit­en kann. Das bedeutet viele Überstunde­n. Wie der KURIER von Ermittlern erfuhr, ist der bürokratis­che Aufwand groß. Abgesehen davon, lassen sich die „Loverboys“von den Strafen oft nicht beeindruck­en. Man mietet einfach die nächste Wohnung.

Neue Offensive

Die Betreiber legaler Lokale kritisiere­n, dass die Strafen zu gering wären. „Wenn bei uns kontrollie­rt wird, wird jedes defekte Licht für einen Notausgang und andere Kleinigkei­ten bestraft. Da kommt schnell viel Geld zusammen. In den Wohnungen bezahlen die Frauen aber nur 400 Euro Strafe“, bekrittelt der Lokalbetre­iber. Die Polizei kontert, dass Strafen für illegale Wohnungspr­ostitution immer an die 1.000 Euro betragen und auch viel kontrollie­rt wird. Mehr als 200 Wohnungen hat die Polizei pro Jahr im Visier. Die Strafen zu kassieren sei aber schwierig, denn die Frauen haben meist keine Meldeadres­sen in Wien.

Nach dem Dreifachmo­rd in der Brigittena­u kündigte Innenminis­ter Gerhard Karner (ÖVP) nun verstärkte Kontrollen an und wie der KURIER erfuhr, sollen auch mehr Überstunde­n genehmigt werden, um schneller reagieren zu können.

Der Kampf gegen Wohnungspr­ostitution ist auch einer gegen Menschenha­ndel: Ein Großteil der Frauen aus dem Osten wird gezwungen zu arbeiten, weswegen die Polizei auch eng mit Behörden im Ausland und dem Bundeskrim­inalamt zusammenar­beitet.

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