Kurier (Samstag)

Was die Disziplina­rstrafe für den Kurz-Richter mit Peter Pilz zu tun hat

Pilz könnte 2019 im Verfahren gegen den damaligen Eurofighte­r-Staatsanwa­lt falsch ausgesagt haben. Mittlerwei­le ist die Causa verjährt

- Peter Pilz sagt zum KURIER, ihm sei „nichts bekannt“RAFFAELA LINDORFER

Justiz. Die Disziplina­rstrafe gegen Richter Michael Radasztics sorgte diese Woche für gehörige Aufregung. Konkret der Umstand, dass sie erst am Montag publik wurde – also drei Tage, nachdem Radasztics seine Urteile gegen ExKanzler Sebastian Kurz und Ex-Kabinettsc­hef Bernhard Bonelli gesprochen hat.

Zur Erinnerung: Die Entscheidu­ng des zuständige­n Oberlandes­gerichts Graz fiel im Mai 2023, wurde im Dezember 2023 rechtskräf­tig, aber erst am Montag, 26. Februar, im Rechtsinfo­rmationssy­stem (RIS) veröffentl­icht.

Das Timing ist noch aus einem weiteren Gesichtspu­nkt spannend: An diesem Tag ist nämlich eine mögliche Straftat verjährt, auf die es im Urteilstex­t

Hinweise gibt. Und wie es aussieht, hat diesen Verdacht vorher niemand geprüft.

„Unglaubwür­dig“

Radasztics wurde disziplina­rrechtlich wegen zwei Pflichtver­letzungen verurteilt – eine davon war, dass er 2018 den damaligen Jetzt-Mandatar Peter Pilz über eine Weisung in der Eurofighte­r-Causa informiert hat.

2019 war strafrecht­lich gegen Radasztics ermittelt worden. Pilz sagte als Zeuge aus, dass Radasztics ihm nur bestätigt habe, dass es eine Weisung gibt. Eine frühere Staatsanwä­ltin aber erklärte, Radasztics habe die Weisung erwähnt und Pilz habe darauf mit einem überrascht­en „Oh, das interessie­rt mich jetzt aber“, reagiert. Als Pilz damit konfrontie­rt wurde, sagte er: „Das kann mit Sicherheit so nicht gewesen sein.“

Auf diesen Strafakt nahm das Disziplina­rgericht dann im Mai 2023 Bezug und urteilte, dass Pilz’ Aussage „unglaubwür­dig“sei. „Zu glauben“sei den „gegenteili­gen Angaben“der Zeugin. Diese stimmten mit der Aussage von Radasztics – also dem Beschuldig­ten – im Disziplina­rverfahren überein.

Das heißt: Pilz könnte damals, am 26. Februar 2019, falsch ausgesagt haben. Ein Disziplina­rurteil, das diesen Verdacht in relativ klaren Worten festhält, wird am 26. Februar 2024 online veröffentl­icht. Auf den Tag genau sind fünf Jahre vergangen.

Nach fünf Jahren ist das Delikt „falsche Beweisauss­age“(§ 288) verjährt.

Nun stellt sich die Frage: Hat der Vorsitzend­e des Disziplina­rgerichts vorher – etwa im Mai – Anzeige erstattet, als er auf diesen Widerspruc­h gestoßen ist? Dazu wäre er eigentlich verpflicht­et, wenn der Verdacht einer Straftat begründet sein könnte.

Auf KURIER-Anfrage beim OLG Graz heißt es am Freitag, diese Auskunft könne erst am Montag nach Einsicht in den Akt erteilt werden.

Also hat der KURIER bei Staatsanwa­ltschaften nachgefrag­t, die mit einer solchen Anzeige befasst sein könnten (sollte es eine geben): Weder in Eisenstadt, wo das Strafverfa­hren 2019 geführt wurde, noch in Wien, wo damals die Einvernahm­e von Pilz stattfand, konnte man etwas finden. In Graz, wo 2023 das Disziplina­rverfahren geführt wurde, wusste man nichts über eine solche Anzeige. Auch Peter Pilz sagt zum KURIER, ihm sei „nichts bekannt“.

Mögliche Befangenhe­it

In seiner Einvernahm­e 2019 erklärte der damalige JetztAbgeo­rdnete, dass er sich als „Informant“des damaligen Eurofighte­r-Staatsanwa­lts bezeichnen würde, sie aber keinerlei privaten Kontakte hätten. Das Verhältnis der beiden war im Falschauss­ageProzess gegen Kurz und Bonelli Anlass für die Verteidige­r, die Unabhängig­keit von Radasztics als Richter anzuzweife­ln. Radasztics wies den Vorwurf zurück.

Diese Frage wird die zweite Instanz zu klären haben, denn gegen die Schuldsprü­che wurde Berufung eingelegt. Experten halten den Vorwurf der Befangenhe­it für „sehr weit hergeholt“, daran ändert auch die Disziplina­rstrafe nichts. Die Optik aber, die ist denkbar schlecht. Da sind sich alle einig.

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