Kurier (Samstag)

Wie die OMV aus den Gas-Verträgen kommt

Die teilstaatl­iche OMV verkauft nach wie vor hauptsächl­ich russisches Gas in Österreich. Mitgrund: Sie hat langfristi­ge Liefervert­räge mit der Gazprom. Was ihr den Ausstieg erleichter­n würde

- VON MICHAEL HAMMERL Lieferstop­p Über den Knotenpunk­t Baumgarten kommt Russen-Gas nach Österreich EU-Regelung Diversifiz­ierungspfl­icht

Es war eine strategisc­he Entscheidu­ng, die polarisier­te: 2018 einigte sich die teilstaatl­iche OMV mit der russischen Gazprom auf einer Verlängeru­ng der Gaslieferv­erträge bis 2040. Diese enthalten eine Take-or-Pay-Klausel: Die OMV muss eine hohe Liefermeng­e auch bezahlen, wenn sie sie nicht braucht. Die Verträge konterkari­eren Österreich­s Bemühungen, bis 2027 aus russischem Gas auszusteig­en – wie auf EU-Ebene vorgesehen. Im Dezember 2023 bezogen Österreich­s Versorger 98 Prozent ihres Gases aus Russland.

Möglichkei­ten, ohne Konsequenz­en aus den Verträgen auszusteig­en, hatte die OMV bereits. Etwa nach Beginn des Ukraine-Krieges, im Frühjahr 2022, als die Gazprom ihren Lieferverp­flichtunge­n nicht nachkam. Andere europäisch­e Gasversorg­er haben diese Chance genutzt. Die Fälle landeten vor internatio­nalen Schiedsger­ichten – und wurden gewonnen. Die OMV verzichtet­e darauf.

Der Zeitpunkt, ohne Strafzahlu­ngen aus den Verträgen auszusteig­en, könnte bald wieder kommen. Drei Szenarien gelten als realistisc­h:

• Besonders einfach wäre es für die OMV, wenn Russland die vereinbart­en Mengen nicht mehr liefern kann oder will. Die Ukraine hat angekündig­t, ab 2025 kein russisches Gas mehr durchzulei­ten, für Österreich soll eine Ausnahme gelten. Falls nicht, gäbe es ausreichen­de alternativ­e Lieferrout­en für die Gazprom? Energieexp­erte Walter Boltz, ehemaliger Chef der E-Control, verneint: „Die Gazprom wird in diesem Fall zumindest zeitlich befristet nicht mehr die Mengen liefern können, die in den Verträgen vorgesehen sind. Die OMV müsste anderen Lieferpunk­ten zustimmen und hätte die Möglichkei­t, aus den Verträgen auszusteig­en.“Ein solches Szenario wäre „die beste Option und muss auch im Sinne der OMV sein“, so Boltz.

• Eine neue Option, um der OMV eine gesetzlich­e „Rutsche“für den Ausstieg zu legen, sehen die Neos. Es geht um eine Grüngas-Regelung, die das EU-Parlament im April beschließe­n wird. Der Gesetzesen­twurf sieht vor, dass zumindest Staaten mit einer gemeinsame­n Grenze zur Russland oder Belarus an Grenzüberg­abepunkten Gasmengen begrenzen dürfen. Darauf haben die baltischen Staaten gedrängt. Die Formulieru­ng sei allerdings so schwammig, dass auch Österreich die Maßnahme umsetzen und die EU wohl nichts dagegen tun könne, meint Boltz. Die Neos teilen diese Rechtsansi­cht, das Energiemin­isterium von Leonore Gewessler (Grüne) eher nicht. Zudem seien bestehende Kapazitäts­verträge – also auch jene der OMV – davon nicht erfasst.

• Gewesslers Vorschlag für den Gas-Ausstieg ist ohnehin ein nationales Gesetz. Sie will Österreich­s Energiever­sorgern vorschreib­en, sukzessive weniger Russen-Gas zu kaufen. Dafür bräuchte sie aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalra­t, die sich derzeit nicht abzeichnet. Apropos politische­r Wille: Der Gesetzgebe­r könne der OMV auch jederzeit verbieten, russisches Gas in Österreich zu verkaufen, sagt Boltz.

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