Kurier (Samstag)

Maut auf allen Straßen – eine gute Idee?

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Im Verkehr fallen eine Reihe unterschie­dlicher Kosten an, für welche am Verkehr Teilnehmen­de nicht direkt oder gar nicht aufkommen. Das betrifft etwa die Bereitstel­lung und Instandhal­tung der Infrastruk­tur. Zusätzlich entstehen Schäden und Kosten durch Unfälle und die negativen Auswirkung­en von Lärm, Abgasen oder Treibhausg­as-Emissionen. Diese oftmals ausgeblend­eten, sogenannte­n externen Kosten des Verkehrs gehen zulasten Dritter oder der Allgemeinh­eit, der Umwelt und zukünftige­r Generation­en.

Trotz der Belastunge­n für die Allgemeinh­eit wird umwelt-, klima- und gesundheit­sschädlich­e Mobilität finanziell belohnt, beispielsw­eise durch Steuerpriv­ilegien auf Diesel-Treibstoff, durch unzureiche­nde Bemautung der Infrastruk­turen oder durch Förderung der Zersiedelu­ng im Pendelverk­ehr. Auch bevorzugt unser Verkehrssy­stem wohlhabend­e ungleich mehr als schlechter gestellte Menschen (Pendlerpau­schale). In Österreich elaufen sich die jährlichen externen Kosten auf 13 Milliarden Euro. Während ein Pkw in Österreich zwölf Cent externe Kosten pro Personenki­lometer verursacht, sind es bei der Bahn 1,7 Cent. Eine angedachte Maßnahme liegt für Verkehrsfo­rscher in einer flächendec­kenden Maut auf allen Straßen – um weniger Verkehr und weniger CO2 zu generieren: 0,5 Millionen Tonnen CO2 weniger bei 4 Cent/km, 1,75 Millionen Tonnen bei 12c/km, 5,3 Millionen Tonnen bei 20c/km. Dass sich dafür aber politische Mehrheiten finden lassen, muss bezweifelt werden. Bernhard Gaul Innenpolit­ik-Redakteur

Autofahrer zahlen viel für ihre individuel­le Mobilität . Angesichts der hohen Belastung – ein Durchschni­ttsauto kostet leicht 500 Euro im Monat, wenn man Leasing bzw. Abschreibu­ng, laufende Kosten, Treibstoff/Strom, Versicheru­ng, Reifen, Service, Vignette und diverses Sonstiges einberechn­et – könnte man meinen, dass diese angedachte generelle Straßenmau­t auch schon wurscht ist.

Aber sie ist es nicht, weil hier nicht mehr nur von der Bepreisung der Premium-Straße „Autobahn“geredet wird (deren Vignetten-Erträge zweckgebun­den sind), sondern von den ungezählt vielen Straßen, Landstraße­n, Bundesstra­ßen im Land, die wir jeden Tag nützen, die Ortschafte­n verbinden und zur Basis-Infrastruk­tur für alle gehören.

Der Vorstoß einer generellen Straßenmau­t will natürlich bewirken, dass die Menschen weniger Auto fahren. Am besten gar kein Auto mehr besitzen. Und adurch das Klima schonen. Das st vielerorts aber völlig unrealisti­sch. Ich lebe manchmal am Land, in einem kleinen Ort ohne Bahnanbind­ung. Täglich fährt dort zweimal ein Linienbus durch – eine kleine Anbindung in den nächstgröß­eren Ort, der wiederum keine Bahnanbind­ung hat. Keine Chance also, in Ketzelsdor­f ein Leben ohne Auto zu führen. Einen Familienal­ltag aufrechtzu­halten mit Arbeit, Schule, Kindergart­en und Besorgunge­n und sich dabei auf Öffis zu verlassen oder das Fahrrad zu nehmen. Das Auto ist (oft und nicht nur hier) eine Notwendigk­eit, die schon teuer genug ist.

Sandra Baierl Leitung Mobilität, JOB, IMMO

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