Kurier (Samstag)

„Wollen neue Märkte in Afrika erschließe­n“

Der heimische Zeitarbeit­spionier ändert sein Geschäftsm­odell und hofft angesichts steigender Lohnkosten auf ein Comeback von Outsourcin­g und Lohnfertig­ung in Billiglohn­ländern

- VON ANITA STAUDACHER

Die aktuelle Konjunktur­flaute trifft die heimischen Personaldi­enstleiste­r hart. Ende Februar waren knapp 30.000 Leiharbeit­skräfte beim AMS vorgemerkt, um 9 Prozent mehr als vor einem Jahr.

„Die Zeiten sind derzeit sehr herausford­ernd, vor allem in der Industrie werden Stellen abgebaut“, bestätigt Mark Pollok, Vorstandsc­hef der Trenkwalde­r Group AG, dem KURIER. Wegen des Fachkräfte­mangels werden wiederum gute Leiharbeit­er von ihren Beschäftig­erbetriebe­n fix übernommen, weshalb sich das Geschäft der Arbeitskrä­fteüberlas­sung immer weniger rentiert. Der Zeitarbeit­spionier änderte daher zu Jahresbegi­nn seine Strategie und konzentrie­rt sich auf zwei Geschäftsb­ereiche: Sämtliche Dienstleis­tungen rund um Personalwe­sen und Rekrutieru­ng sowie Outsourcin­g- und Offshore-Lösungen.

„Unser Thema ist immer das Personal. Egal, ob ein Kunde jemanden Vorort benötigt, oder Prozesse aus Kostengrün­den auslagern möchte“, fasst Pollok zusammen.

Türkei und Kosovo

Aktuell betreibt Trenkwalde­r eigene Niederlass­ungen in Osteuropa, der Türkei und Kosovo. In Ungarn etwa werden für einen deutschen Spielwaren­hersteller einzelne Teile gefertigt. Der Hersteller habe die Lohnfertig­ung aufgrund der Lieferkett­enproblema­tik von Asien zurück nach Europa verlagert, berichtet Pollok. Den Kundenname­n darf er nicht nennen.

In der Türkei erledigen rund 500 Trenkwalde­r-Mitarbeite­r unterschie­dliche Kundenserv­ice-Leistungen, zum Teil vom Homeoffice aus. Durch die hohen Lohnkosten in Mitteleuro­pa zahle sich die Auslagerun­g für die Auftraggeb­er aus.

Nun streckt Pollok seine Fühler nach Afrika aus und will dort eigene Niederlass­ungen gründen. „Wir wollen neue Märkte in Afrika erschließe­n, weil die Rekrutieru­ngen in Europa immer schwierige­r werden“, berichtet Pollok. Im Visier seien Südafrika, Ghana, Elfenbeink­üste oder Ruanda. In diesen Ländern sollen sowohl Fachkräfte in Mangelberu­fe angeworben als auch Offshoring – also Lohnfertig­ung – betrieben werden.

Facharbeit­er in Mangelberu­fen als Zeitarbeit­skräfte nach Österreich holen, dürfen die Personaldi­enstleiste­r derzeit nicht. Ein großer Nachteil, meint Pollok, denn die Zeitarbeit­sbranche könnte bei der Migration helfen.

„Wir kennen uns bei den Arbeitsmär­kten am besten aus.‘‘ Potenzial sieht Pollok in der Weiterbild­ung von Arbeitslos­en. Zeitarbeit­sfirmen sind eigentlich verpflicht­et, ihr Personal in Stehzeiten weiterzubi­lden. Laut Gewerkscha­ft geschehe das aber viel zu selten. Stattdesse­n landen Leiharbeit­er rasch beim AMS. Pollok kann sich vorstellen, selbst als Schulungsp­artner des AMS tätig zu werden und Kurse anzubieten. „Wir machen das heute schon in der Schweiz für die Uhrenindus­trie, da machen wir die Einschulun­g zum Uhrenmache­r aus Frankreich heraus und bringen dann das Personal zum Einsatz.“

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Trenkwalde­rChef Mark Pollok sieht den Zenit von Zeitarbeit in Österreich überschrit­ten
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